23.03.2020 | Verein

Karl „Kalli“ Hoffmann verstorben

Ehemaliger Olympionike wurde 84 Jahre

Fortuna trauert: Denn mit Karl „Kalli“ Hoffmann ist ein großer Spieler aus alten Tagen am vergangenen Montag verstorben. Hoffmann war Teammitglied in der großen Zeit der 1950er und 1960er Jahre und in 387 Einsätzen ein unbestrittener Publikumsliebling, weil er ein vorbildlicher Kämpfer auf dem Platz und ein gradliniger Charakter innerhalb seiner Mannschaft war.

Von 1955 bis 1966 stand „der Kalli“ bei Fortuna unter Vertrag - eine lange Zeit, in der er eine beeindruckende Bilanz erspielte: 258 Liga-Spiele mit fünf Toren, 33 Spiele im Westdeutschen Pokal, acht Spiele im DFB-Pokal, davon zwei Endspiele - 1958 und 1962 - und weitere, ganz besondere Einsätze, die ihm vergönnt waren.

Hoffmann wechselte 1955 im Alter von 19 Jahren zur Fortuna. Zuvor spielte er beim VfL Benrath, der mit ihm die Meisterschaft in der Landesliga Niederrhein 1953/1954 feiern konnte. Hoffmann hatte durch den Aufstieg beim alten Stadtrivalen und späteren Deutschen Amateurmeister von 1957 bereits Spielpraxis in der 2. Liga West sammeln können.

Den Fortuna-Verantwortlichen um den damaligen Präsidenten Herbert Pontzen dürfte der Benrather besonders aufgefallen sein, als der zehnfache Junioren-Nationalspieler beim FIFA-Turnierfinale der U18/U17 in Köln im deutschen Team gegen Spanien stand. Die Partie endete 2:2 und nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses wurde Deutschland Zweitbester.

Die Flingeraner legten fortan große Bemühungen an den Tag, den Youngster zu einem Wechsel von den Schwarz-Weißen aus dem Süden Düsseldorfs zu den Rot-Weißen an den Flinger Broich zu bewegen. Dabei waren Matthes Mauritz und der noch junge Hans-Georg Noack treibende Kräfte. Das Werben war von Erfolg gekrönt: Hoffmann kam und avancierte binnen kurzer Zeit in einer stark besetzten Mannschaft unter Trainer Kuno Klötzer zum Stammspieler. Schon in der ersten Spielzeit 1955/1956 bestritt Hoffmann 30 Spiele in der Oberliga West, in der Fortuna am Ende den sechsten Tabellenplatz belegte.

An der Seite von Juskowiak, Derwall, Mauritz und den Grammingers
Gleich bei seinem ersten Punktspiel, am 27. August 1955, spürte Hoffmann den Klassenunterschied sehr deutlich. Denn Fortuna als Gast des FC Schalke 04 bewegte 30.000 Zuschauer in die Glückauf-Kampfbahn. Hoffmann lief an der Seite von Nationalspieler und Mittelläufer Erich Juskowiak, während Matthes Mauritz als Halbstürmer und Jupp Derwall als linker Läufer agierten. Am Ende stand ein 2:1-Auswärtserfolg durch einen Doppelpack von Karl Gramminger, der mit seinem Zwillingsbruder Martin eine großartige Partie abgeliefert hatte.

Zum elf Jahre älteren Matthes Mauritz sollte Kalli Hoffmann eine besondere Beziehung entwickeln. „Er war eine Art Ziehvater für mich. Und die anderen ermunterten mich immer wieder: ‚Frag den Matthias, der weiß alles und kann alles.‘ Der sprach außerdem Englisch, was wichtig war, wenn wir mal wieder im Ausland unterwegs waren“, erinnerte sich Hoffmann auch noch lange nach Karriereende.

Und im Ausland waren er und das Team häufiger unterwegs, bereisten den halben Globus. Weil man auch beim DFB auf den ehrgeizigen und spielstarken jungen Mann aufmerksam wurde, gab Hoffmann seine Einstands-Berufung in die Amateur-Nationalmannschaft im Londoner Wembley-Stadion am 12. November 1955, ein Spiel, das die deutsche Zweitvertretung spektakulär mit 3:2 über England für sich entschied. Zwei weitere internationale Einsätze in dieser Mannschaft folgten.

So war es geradezu folgerichtig, dass Hoffmann im November 1956 - ebenso wie Mauritz und Günter Jäger - für die auffallend lange Zeit von fünf Wochen keine Spiele für Fortuna bestritt: Das Trio war mit einem weiteren Düsseldorfer und späteren Fortunen, Albert Görtz von DSC 99, in den Kader für die Deutsche Amateurnationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Melbourne berufen worden.

Die Anreise zum fünften Kontinent war Hoffmann auch Jahrzehnte später noch in lebhafter Erinnerung geblieben: „Das war doch sehr abenteuerlich. Denn wir mussten wegen der Suez-Krise in Ägypten mit dem Flugzeug über den Nordpol bis nach Anchorage in Alaska fliegen.“ Von dort ging es über San Francisco weiter nach Hawaii, wo die Mannschaft am Waikiki-Beach ihr Trainingslager abhielt - ein Umstand, der Hoffmann auch in hohem Alter noch ins Schmunzeln kommen ließ.

Frühes Aus bei Olympia, aber unvergessliche Erinnerungen
Der eigentliche Grund für die Reise, das Olympische Fußballturnier, fand für die Deutschen hingegen bereits nach dem Auftaktspiel sein jähes Ende, auch wenn Kritiker den Deutschen attestierten, dass sie sich in ihrem einzigen Spiel mehr als ordentlich geschlagen hatten. Gegner UdSSR, Favorit des Turniers und mit herausragenden Spielern wie Lew Jaschin und Igor Netto besetzt, entschied die Partie mit 2:1 für sich und wurde später Goldmedaillen-Gewinner. Da die Rückreise fest gebucht war, durften die Spieler noch zwei Wochen die Olympischen Spiele als Besucher genießen, wovon sie weidlich Gebrauch machten.

Kalli Hoffmann entwickelte sich unterdessen bei Fortuna immer weiter zu einer wertvollen Stütze, da er vielseitig in Abwehr und Mittelfeld einsetzbar war. Beim DFB-Pokalendspiel 1957 in Augsburg gegen den FC Bayern München (0:1) war er verletzt zum Zuschauen verdammt. Doch schon ein Jahr später sollte sich erneut die Chance bieten, den „Pott“ nach Düsseldorf zu holen. Zuvor hatte Fortuna den Westdeutschen Pokal gegen den 1. FC Köln gewonnen. Im DFB-Pokalfinale verloren die Rheinländer aber am 16. November in Kassel äußerst knapp mit 3:4 nach Verlängerung gegen den VfB Stuttgart - und das, obwohl Hoffmann zwischenzeitlich sogar noch der Treffer zum 1:1-Ausgleich gelungen war.

Im Jahr darauf gelang den Rot-Weißen ihre beste Platzierung in der Oberliga. Punktgleich mit Vize-Meister 1. FC Köln landete das Team von Trainer Hermann Lindemann jedoch auf dem dritten Rang.

Fortuna mit internationalen Auftritten
Das Benefiz-Freundschaftsspiel am 14. Januar 1959, einem Mittwochabend, gegen eine gemeinsame Auswahl von Atletico und Real Madrid, beweist den international anerkannten Ruf, den die Flingeraner seinerzeit genossen. Unter den Augen des Diktators Franco wurden die Einnahmen des Spiels den Opfern einer Staudamm-Katastrophe zugeführt. „Der Anlass war natürlich traurig. Aber das Spiel war für uns ein einmaliges Erlebnis.“ Hoffmanns Gegenspieler war Alfredo di Stefano, ein, wie Hoffmann auch im Nachhinein respektvoll anmerkte, „durch und durch außergewöhnlicher Fußballer“, der ihn mindestens genauso beeindruckt hatte wie die Stimmung, die von den 80.000 Zuschauern im Stadionrund ausging. Da wurde die 1:4-Niederlage fast zur Nebensache.

Die Fortuna war, so Hoffmann, nicht nur sportlich begehrt, sondern auch ein Aushängeschild für die Stadt Düsseldorf. „Es wurde daher immer viel Wert auf das äußere Erscheinungsbild gelegt. Bei Spielen im Ruhrpott hieß es schon mal: ‚Da kommen die Beamten, die wollen ihre neuen Anzüge zeigen.‘ Danach ging es dann im Trikot umso härter zur Sache.“

Ein anderes Beispiel für Fortunas Botschafter-Tätigkeit war gewiss auch die Reise nach Ghana im Jahr 1959. Das Land war erst 1957 aus der Kolonialherrschaft der Briten entlassen worden und suchte auch über den sportlichen Vergleich, sich international zu etablieren. Hoffmann erinnerte sich, dass Fortuna dort eine sehr angenehme Zeit verbrachte, und man kurzfristig noch ein Spiel in Nigeria einschob, von wo aus man unmittelbar nach der Partie mit dem Flugzeug wieder nach Ghana zurückkehren musste, um noch vor Einbruch der Dunkelheit landen zu können. Immerhin ging es mit dem Auto anschließend noch für ein paar Tage nach Togo zum Badeurlaub.

National lief es zwischenzeitlich nicht so gut, denn 1959/1960 erfolgte mit dem Abstieg in die 2. Liga West ein herber Rückschlag, den sich angesichts der guten Besetzung des Kaders niemand so recht erklären konnte. Hoffmann war allerdings verletzungsbedingt in dieser Saison auch nur bei 19 Spielen einsatzbereit. Den „Betriebsunfall“ vermochte man jedoch unter Trainer Fritz Pliska mit dem umgehenden Wiederaufstieg rasch zu reparieren.

Und wieder kein Endspiel-Erfolg
Als es am 29. August 1962 im mittlerweile vierten Anlauf um den Gewinn des DFB-Pokals ging, herrschte latenter Optimismus, auch bei Hoffmann. Doch wiederum hatte Fortuna das Nachsehen, da sich der 1. FC Nürnberg in buchstäblich letzter Minute der Verlängerung mit 2:1 durchsetzte.

Hoffmann gab sich wie immer als fairer Verlierer: „Wir waren immer ganz nah dran am Pokal. Aber so ist halt der Fußball: In einem Endspiel gibt es immer einen Sieger und einen Verlierer. Entscheidend ist, dass wir überhaupt solch ein Finale erreicht und erlebt haben. Auch wenn wir leider zweimal in der Verlängerung das schlechtere Ende auf unserer Seite hatten.“

Bundesliga-Premiere ohne Fortuna und Hoffmann
In der letzten Spielzeit der Oberliga West 1962/1963 konnten sich die Rot-Weißen unter Trainer Jupp Derwall nicht in der Spitzengruppe platzieren. Folgerichtig blieb die Nominierung für die neu gegründete Fußball-Bundesliga aus.

In der Regionalliga West - die sicherlich am stärksten besetzte von fünf neu geschaffenen zweitklassigen Ligen - unterstrich Fortuna ihre Favoritenrolle, landete aber unter Trainer-Rückkehrer Kuno Klötzer 1963/1964 und 1964/1965 jeweils nur auf einem undankbaren dritten Platz. Hoffmann war sich auch später sicher, „dass da mehr drin gewesen wäre.“

Erst 1965/1966 sollte der Titelgewinn und damit der lang ersehnte Aufstieg in die Bundesliga gelingen. Doch da gehörte der Routinier, der schon länger die Kapitänsbinde trug, schon nicht mehr zur Stammbesetzung.

Nachdem er sich bei der 1:3-Heimniederlage gegen Rot-Weiß Oberhausen im Oktober 1965 abermals eine schwere Verletzung zugezogen hatte und ein halbes Jahr ausfiel, war das Ende vorgezeichnet. Hoffmann bestritt sein letztes Spiel für Fortuna im Februar 1966 bei Schwarz-Weiß Essen, das torlos endete.

Er hatte die Zeichen der Zeit erkannt und beschloss, seine Karriere mit gerade einmal 30 Jahren zu beenden, um sich auf seine Tätigkeit als technischer Zeichner im Konstruktionsbüro der Rheinbahn zu fokussieren. „Kuno Klötzer hat mich da ein wenig hängen lassen - und das nach mehr als zehn Jahren bei Fortuna. Er hätte mir ruhig etwas früher mitteilen können, dass er nicht mehr mit mir plant.“

Hoffmann erinnerte sich gern an seine Zeit bei Fortuna
Trotzdem war Kalli Hoffmann im Reinen mit Fortuna, erinnerte sich gern an seine „wunderbare Zeit und die tollen Augenblicke bei der Fortuna.“ Weshalb er auch Klötzer nichts Schlechtes nachsagen mochte.

Ehrenpräsident Hans Georg Noack, enger Begleiter während der Karriere Hoffmanns bei Fortuna, verglich „Kalli“ einmal mit Egon Köhnen: „Beide waren quirlige Akteure auf den Außenbahnen, keine großen Techniker, aber Kämpfer und tolle Menschen. Charakterlich absolut einwandfrei und Vorbilder in ihren Mannschaften.“ Dass Köhnen wie Hoffmann überdies schon in jungen Jahren „einen hohen Scheitel“ trugen, ist eine eher abseitige Parallele zum Schmunzeln.

Auch wenn der Fußball schon seit langem nicht mehr die gewichtige Rolle wie früher eingenommen hatte, versuchte Kalli Hoffmann sich noch so lange wie möglich mit Schwimmen und Gartenarbeiten sportlich fit zu halten.

Fortuna Düsseldorf verliert mit Kalli Hoffmann einen verdienstvollen, liebenswerten Mitstreiter, der in dankbarer Erinnerung bleiben und dem ein ehrendes Andenken bewahrt wird.

Die Anteilnahme der Fortuna gilt seinen Angehörigen und Freunden.

Ehrenrat, Aufsichtsrat, Vorstand, Trainer, Spieler und Mitarbeiter der Fortuna

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