14.04.2011 | 1. Mannschaft

Die Hauptsache von Köpenick

Wie der 1. FC Union zum Berliner Brauchtum wurde

Sie erlebten vor Spannung flirrende Pokalnächte gleichsam wie schmerzvolle Lizenzentzüge, sie sahen ihren Verein im Fadenkreuz des Hasses von Erich Mielke und renovierten in 140.000 Arbeitsstunden ihre Heimspielstätte in Eigenregie, weil der Klub finanziell am Stock ging: Die Fans des 1. FC Union Berlin können im Jahr des 45. Vereinsjubiläums auf höchste Höhen und tiefste Tiefen gleichermaßen zurückblicken. Die Phrase vom "Kultklub" ist sicherlich deutlich überstrapaziert worden - und doch ist in Berlin-Köpenick der Fußball vielleicht ein bisschen näher bei sich selbst als anderswo.

"Andere Vereine haben Fans - bei Union haben die Fans einen Verein", so formulieren es die Köpenicker selbst, und um Belege dafür zu finden, muss man gar nicht weit zurückblicken. Die Redaktion für die Stadionzeitung rekrutiert sich vollständig aus Union-Fans, selbst im Aufsichtsrat sitzt ein Fanvertreter. Hier ist die Basis tatsächlich noch die Basis. Mit 2.000 ehrenamtlichen Helfern rückte sie im Sommer 2008 an, um - unentgeltlich - mehrere erforderliche Umbaumaßnahmen zu unterstützen. So versetzten sägende, hämmernde und betonierende Anhänger die "Alte Försterei" nach und nach wieder in einen Zustand, der den DFL-Regularien für Profifußball genügte - ein einmaliger Vorgang, der das Band zwischen Verein und Supportern noch enger knüpfte. Pünktlich zur Einweihung der alten, neuen Heimat kehrte man ein Jahr darauf in die Zweite Bundesliga zurück, die man bereits zwischen 2001 und 2004 beehrt hatte.  Fünf Jahre Tristesse lagen hinter den "Eisernen", die ihr Sturz in finanzielle und sportliche Ungemach bis in die viertklassige Oberliga hinunterführte - eine dunkle Zeit, in die als zarter Sonnenstrahl einzig ein 8:0-Rekordheimsieg über den Lokalrivalen vom BFC Dynamo fiel.

 

Überhaupt, der BFC Dynamo. Der erklärte Lieblingsverein von Stasi-Chef Erich Mielke prägte allein durch seine geografische Nähe - und die Konkurrenz, die daraus erwuchs - die Geschichte von Union maßgeblich mit. In ihrer heutigen Form - und unter fortan unverändertem Namen - waren die "Eisernen" seit 1966 existent, geschmiedet aus einem Guss, in dem zuvor verschiedene Konglomerate des DDR-Betriebssportgemeinschaftswesens sowie mehrere Stadtteilvereine eingeschmolzen worden waren. Bereits ein Jahr später gelang in einer denkwürdigen Begegnung mit dem hochfavorisierten FC Carl Zeiss Jena der größte Coup der Vereinsgeschichte, als man einen 0:1-Rückstand noch umbog und den DDR-Pokalsieg holte - Mielke war not amused. Als 1971 der dritte Ostverein FC Vorwärts umgesiedelt wurde, teilte der Verband dessen Nachwuchstrainingszentren dem BFC Dynamo zu und bescherte Union einen veritablen Wettbewerbsnachteil. Nicht zuletzt deswegen bejubelte die DDR-Öffentlichkeit die immer wiederkehrenden Prestigeerfolge, die die "Eisernen" in den Duellen mit dem "Stasiklub" erringen konnten - Unions Ruf als sympathischer Underdog, der sich mit dem Regime anlegt, gründet auf dieser Phase Mitte der Siebzigerjahre und bescherte dem Verein die besondere misstrauische Aufmerksamkeit der linientreuen Sportfunktionäre. Bis zur Wende wirtschaftete sich Union trotz großen Zuschauerzuspruchs allerdings kontinuierlich herunter. Die Neunziger waren - obwohl die Köpenicker sich sportlich kontinuierlich emporarbeiten konnten - besonders von wirtschaftlichen Rückschlägen gekennzeichnet. Zweimal - 1994 aufgrund von 2,5 Millionen Euro Schulden an Lizenzverweigerung, 2000 wegen verlorener Relegationsspiele - scheiterte die Qualifikation für die Zweite Liga, ehe man sich 2004 endlich erstmalig dort vorstellte.

 

Sieben Jahre später hat Union unter der Regie des langjährigen Dortmunder Co-Trainers Uwe Neuhaus den abermaligen Klassenerhalt im Unterhaus des deutschen Fußballs fast sicher in der Tasche. Mit Gegner Fortuna Düsseldorf verbindet die Jungs von der Alten Försterei nicht nur die starke Leistung, nach mäßigem Saisonstart die Schlinge wieder vom Hals gestreift zu haben, sondern auch eine fast schon gespenstisch anmutende Statistik. Die letzten acht (!) Begegnungen der beiden "Rot-Weißen" sahen lediglich einen einzigen Treffer; alle Zweitligapartien entschied die jeweilige Heimelf mit 1:0 für sich. Norbert Meier hätte gewiss nichts dagegen, wenn diese Serie auch in der airberlin world Bestand hätte, dürfte aber gewarnt sein, denn die "Eisernen" kennen sich aus mit Ausweichspielstätten: Während der Umbaumaßnahmen der Alten Försterei spielte der 1. FC Union eine komplette Spielzeit "auswärts" im Jahnsportpark. Am Saisonende stieg man seinerzeit übrigens auf.

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