Als Fortuna Deutscher Amateurmeister wurde
Yesterday Spezial: Heute vor 40 Jahren…
Wenn von Fortuna und der Deutschen Meisterschaft die Rede ist, gilt der erste Gedanke natürlich dem Jahr 1933. Allzu oft jedoch gerät der Titel von 1977 in Vergessenheit: Damals wurden die Flingeraner Deutscher Amateurmeister. Es war das einzige Mal, dass Fortuna an der Schlussrunde teilgenommen hatte. Der Titel zählt zu den größten Erfolgen in der Vereinsgeschichte. Am heutigen 26. Juni 2017 jährt sich das Finalrückspiel und damit der Titelgewinn zum 40. Mal.
Die 1970-er Jahre: Fortuna sorgte für reichlich Schlagzeilen, denn sie war recht schnell im europäischen Fußball angelangt. Während also (fast) alle Augen auf die Profis gerichtet waren, sollte sich auch die Zweitvertretung, die damals noch zu Recht „Amateure“ hießen, anschicken, eine Sensation zu bewerkstelligen.
Unter Trainer Manfred Krafft, der zwischen 1959 und 1964 95 Spiele in der „Ersten“ bestritten hatte, schob sich die Mannschaft bis zum Herbst bis auf den 4. Tabellenplatz der Verbandsliga Nordrhein vor. Das weckte Begehr bei höherklassigen Vereinen und so folgte Krafft im Oktober dem Ruf zum damaligen Erstligisten 1. FC Saarbrücken. Die Amateure standen plötzlich ohne Coach da und so sprang Benno Beiroth ein, damals Leiter der Amateurabteilung, und übernahm die Übungseinheiten - trotz starker beruflicher Belastungen in seiner eigenen Firma. Der Interims-Coach wollte ein Team, das ansehnlichen Fußball spielt, wobei ihm mit Routinier Hardy Helmreich ein Co-Trainer zur Seite stand, der diese Philosophie verstand und auch hervorragend auf den Platz zu übertragen wusste. Doch für dieses Spielsystem braucht es Ausdauer. Und so hart und schweißtreibend die Einheiten auf dem dürftig beleuchteten Ascheplatz am Flinger Broich auch waren: Es entstand mit der Zeit eine Mannschaft, in der jeder für jeden einstand, was sich auch in den Spielergebnissen niederschlug: Die Formkurve zeigte immer weiter nach oben und unter Beiroth ging lediglich ein einziges Spiel verloren.
15 Kandidaten bewarben sich währenddessen auf das Amt des Übungsleiters bei den Amateuren - und fanden keine Gnade bei den Entscheidern. Erst Nummer 16 - da war es Anfang Dezember 1976 - bekam den Zuschlag: Der damals 31-jährige Roland Helfsgott, Fußball- und Diplomsportlehrer, den man bis dato nur aus der Lokalszene kannte und der von Benno Beiroth persönlich empfohlen worden war, kam vom Derendorfer DSC 99. Ein Glücksgriff, wie sich im Lauf der Saison herausstellen sollte.
Denn trotz beachtlicher Konkurrenz wurden die Rot-Weißen nach einer Serie von 26:2 Zählern (damals galt noch die Zwei-Punkte-Regelung) Meister und qualifizierten sich somit für den bundesdeutschen Amateur-Wettbewerb. Einer der Garanten für diesen Erfolg war Conny Eickels, der mit sensationellen 31 Toren den Weg geebnet hatte. Gleichzeitig entwickelte sich die Defensive mit Jörg Stiller, Werner Albrecht und Willi Bungert zu einem regelrechten Bollwerk, dem kaum ein Gegner gewachsen war. Neben Helmreich stand mit Peter Biesenkamp ein weiterer Bundesliga-Routinier im Team und dieses Duo wusste vor allem die Jüngeren souverän zu führen. Und so ganz nebenbei gab es da noch Hubert Schmitz und Sepp Weikl, deren große Karrieren erst am Anfang standen. Nicht wenige - auch gegnerische Trainer - sprachen seinerzeit voller Respekt von einer der besten, mit Talenten nur so gespickten Mannschaft. Beiroth: „Mit dem spielerischen Potenzial hätten wir sicherlich auch in der 2. Liga eine gute Rolle gespielt. Aber leider war dies aufgrund der DFB-Statuten nicht möglich.“
Im Kampf um die Deutsche Meisterschaft waren es ab dem Achtelfinale die Concordia aus Hamburg, der FC Bitburg und der ATSV Kulmbach, die sich den Düsseldorfern geschlagen geben mussten. Ende Juni folgte das Finale gegen den heutigen Ligabegleiter SV Sandhausen mit einem Hin- und Rückspiel. Auftakt war im Stadion am Flinger Broich, das später nach Paul Janes, Meister von 1933 und Rekordnationalspieler, benannt werden sollte. Vor einer beachtlichen Kulisse von 12.000 Zuschauern gewannen die Fortunen mit 1:0 und erreichten im Rückspiel ein verdientes 2:2, wonach die Flingeraner die Rückreise ins Rheinland mit der begehrten Trophäe, dem „Carl-Riegel-Pokal“, antraten.
Der Titel sollte nachhaltige Wirkung zeigen und hatte gerade bei talentierten Nachwuchsspielern große Anziehungskraft. Denn spätere Profis wie Andreas Kaiser, Holger Fach, Werner Jakobs, Sven Demandt, Dirk Krümpelmann, Jörg Schmadtke oder Sven Backhaus kamen zur Fortuna. Nicht zu vergessen natürlich Thomas Allofs, lange Zeit Vorstandsmitglied, der seinem älteren Bruder Klaus nacheiferte. Beide zählen bis heute zu den bekanntesten Akteuren der Fortuna.
Nie wieder konnte die Zweitvertretung derart erfolgreich abschneiden, wie vor inzwischen über vier Jahrzehnten Jahren. Beiroth: „Und auch wenn dies schon lange her ist: Es war eine tolle Mannschaft, ein toller Erfolg und eine tolle Zeit. Ich bin bis heute stolz darauf.“