29.12.2009 | Verein

Der Fortune, den sie "La Jana" nannten

Zum 90. Geburtstag von Kurt Borkenhagen

Fortunas ehemaliger Spieler Kurt Borkenhagen vollendet am morgigen Mittwoch sein 90. Lebensjahr. Hierzu gratuliert ihm sein ehemaliger Verein aufs Allerherzlichste und wünscht ihm noch viele weitere Jahre in Glück und Gesundheit.Borkenhagen war ein herausragender Mittelläufer und obwohl er bereits vor 52 Jahren seine Fußballschuhe bei der Fortuna an den Nagel gehängt hatte, erinnern sich auch heute noch viele an ihn. Nicht zuletzt wegen seines nicht minder bemerkenswerten "Zweitnamens".

Gerade bei Mannschaftssportarten ist es nicht unüblich, dass Spieler einen Spitznamen tragen. Kapitän Andreas "Lumpi" Lambertz ist ein Beispiel aus der Neuzeit, in früheren Jahren waren es Legenden wie der "Tau" (Stanislaus Kobierski) oder der "Knöd" (Jakob Bender). Und auch Kurt Borkenhagen durfte sich einer solchen besonderen Anrede erfreuen. "La Jana" - so nannte man ihn und zog damit einen Vergleich mit einer weltberühmten Tänzerin, die wie keine Zweite in den Dreißigern des letzten Jahrhunderts Muse und Sex-Appeal verband. Dabei war dies keineswegs als Verballhornung Borkenhagens gemeint, sondern von Hochachtung begleitet. Sein Markenzeichen: Ein unnachahmlicher Laufstil, mit dem er auf dem Feld den Ball führte und Attacken des Gegners geschickt auszuweichen wusste, indem er die Hände von sich streckte. Noch Jahrzehnte später sagte Borkenhagen, dass dies seiner Anatomie geschuldet war. "Denn ich war wohl der dünnste Spieler aller Zeiten. Ich hatte nur Arme und Beine."

 

Seinen Spitznamen "La Jana" hat er auch heute noch. Dabei waren die Wurzeln Borkenhagens weniger glamourös, denn in der Flingeraner Behrenstraße geboren, war er nach eigenen Angaben zunächst "ein richtiger Straßenfußballer". Er erinnert sich, "wohl mit etwa vier Jahren" angefangen zu haben, der Lederkugel hinterher zu jagen. Und: "Ich war damals zunächst mein eigener Trainer." Relativ spät, was aber durch den erst kurz zuvor beendeten Weltkriegs leicht zu erklären ist, war er 1946 im Alter von 27 Jahren zur Fortuna gewechselt. Davor war er beim Lierenfelder Sportverein 04 Meister der 3. Klasse geworden. "Als wir diesen Titel errangen, gab es eine Auswahlmannschaft, bei der man auf mich aufmerksam wurde."

 

Gemessen an heutigen Verhältnissen waren die Verdienstmöglichkeiten eines Fußballers in jener Zeit überschaubar: Für vier Spiele und acht Trainings im Monat gab es 320 Mark. Dennoch war dies eine beträchtliche Summe, wenn man bedenkt, dass ein Brötchen seinerzeit drei Pfennige und Sauerkraut aus dem Holzfass je Pfund zehn Pfennige kosteten. "Ich war der größte Amateur aller Zeiten" lacht Borkenhagen noch heute und besticht mit Detailkenntnissen, die sein Alter vollkommen vergessen lassen. Das mag auch darin begründet liegen, dass Borkenhagen, der früher als Ingenieur arbeitete, zwar 1984 pensioniert wurde, aber noch bis vor wenigen Jahren selbständig war. Un-Ruhestand hält fit.

 

Ähnlich spät berufen, wie der Fortune Matthes Mauritz, fand auch Borkenhagen den Weg zur deutschen Nationalmannschaft. Erst im Oktober 1952 kam es zu seinem ersten - und leider auch einzigen - Einsatz, in dem der damals 32-jährige mit dem Herberger-Team gegen die Équipe Tricolore in Paris mit 3:1 verlor. Davor war er mehrfach auf regionaler Ebene nominiert worden - für die Nordrhein-Westfalen-Auswahl, die Niederrhein-Auswahl und Westdeutsche Auswahl. Und ganz nebenbei war er 1946/1947 auch noch Bergisch-Märkischer Fußballmeister geworden.

Kurt Borkenhagen war es natürlich vergönnt, auch noch Legenden wie Paul Janes und viele andere Größen zu erleben. Ex-Fortunen wie Toni Turek, den späteren Bundestrainer Jupp Derwall, Albert Görtz, die Gebrüder Gramminger, Gerhard Harpers, die Hoffmann-Brüder, Günter Jäger, Erich Juskowiak (der ebenfalls mit einem Spitznamen, nämlich "der Hammer", bedacht war), Hans Neuschäfer oder Bernhard Steffen.
Die meisten der Vorgenannten wussten ebenfalls auf Einsätze in der Nationalmannschaft zu verweisen - doch alle prominenten Namen halfen nicht: Die Fortuna vermochte nicht an die Erfolge der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg anzuknüpfen und belegte zwischen 1950 und 1958 schlussendlich immer nur Platz fünf bis zwölf. Doch der ehemalige Mittelläufer Borkenhagen relativiert die damalige Situation: "Auch die Mitbewerber hatten gute Mannschaften, insbesondere Schalke 04, Borussia Dortmund und der 1. FC Köln."
Er war in all den Jahren der Mittelläufer - eine Position, die im modernen Fußball nicht mehr bekannt ist. "Das war der Mann vor den beiden Verteidigern in der Mitte." Und warum hat er dabei nie ein Tor geschossen? "Na, hinten musste man dicht machen und ich war der Kopf des Ganzen". Klingt auch im Nachhinein noch vollkommen einleuchtend.

 

Kurt Borkenhagen ist auch über alle Jahrzehnte ein echter Familienmensch gewesen. "Ich habe immer gesorgt für meine Lieben." Seit über sechzig Jahren verheiratet lebt er in seinem Haus im Düsseldorfer Süden in unmittelbarer Nachbarschaft von Tochter und Enkel. Unweit entfernt beheimatet lebte auch sein vor knapp drei Jahren verstorbener jüngerer Bruder Alfred, der ebenfalls einige Jahre das Trikot der Fortuna trug und dabei als Torhüter für die Kicker, aber auch lange Jahre die Handballer agierte.

 

Trotz einer mannigfaltigen Anzahl an Partien für die Fortuna, es sind wohl mindestens 176 Einsätze gewesen, ist dem Jubilar ein ganz bestimmtes Spiel in besonderer Erinnerung geblieben. Da musste er nämlich als Ersatztorwart einspringen, weil der etatmäßige Schlussmann ausgefallen war und "man damals keine Auswechslung vornehmen durfte". Und ihm gelang das Kunststück, gegen Schwarz-Weiß Essen "alle Bälle, die auf unser Tor kamen, zu halten.". Sicherlich, so gibt er zu, kam ihm bei diesem Auftritt entgegen, dass er lange Jahre begeistert Feldhandballer gespielt hatte, "und ich in der Lage war, den Ball auch mit der Hand gut zu kontrollieren und auch mal aus 60 Metern Entfernung ins Tor zu werfen." Seine aktive Zeit sollte 1957 bei der Fortuna in der Altherrenmannschaft enden, wo er zuletzt noch als Spielertrainer fungiert hatte.

 

Dem Verein verbunden geblieben ist er bis heute. Und freut sich, dass es sportlich zuletzt kontinuierlich aufwärts ging und die Rot-Weißen inzwischen zumindest wieder zweitklassig spielen - "auf einem sehr hohen Niveau, wie man bemerken muss." Dass er seinem alten Verein weiterhin die Daumen drückt und er weiterhin jedes Spiel, zumindest am Radio, verfolgt, versteht sich von selbst. Kurt Borkenhagen ist halt ein echter Fortune - auch mit nunmehr 90 Jahren.

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