15.09.2011 | 1. Mannschaft

Schaffenskrise im 1:0-Atelier

Hat Erzgebirge Aue den dreckigen Sieg verlernt?

Paderborn, Bochum, Duisburg, Bielefeld, Düsseldorf und München sind Städte, deren Gemeinsamkeiten gewiss recht überschaubar sind. Eine Klammer gibt es allerdings, die die zugehörigen Fußballvereine in der letzten Saison einte: Erzgebirge Aue fuhr gegen sie mit dem unscheinbarsten aller Siege, dem schnöden 1:0, die Maximalausbeute an Zählern ein.

Insgesamt sieben Mal gereichte dem Team aus der Bergbaustadt im fernen Osten der Republik ein einziger Treffer, um die Katakomben als Gewinner zu betreten. Wie brutal dieses Ergebnis eigentlich ist! 1:0, das klingt wie die Zahnräder einer industrialisierten Welt, 1:0, das riecht nach dreckverschmierten Lederbällen, die von behaarten und blutverkrusteten Männerbeinen auf Tribünen getreten werden. 1:0, das ist Binärcode für hochgekrempelte Ärmel und Schienbeinschoner. Aber in Wahrheit ist dieses Ergebnis eine zur Perfektion gebrachte Kunst. 1:0 - das ist Rehhagels Mona Lisa, Stevens‚ Kleine Nachtmusik und der Steppenwolf für Trapattoni. Und niemand im deutschen Profifußball brachte es darin so virtuos zur Meisterhaftigkeit wie dieser violette Organismus aus dem Erzgebirge, bei dem die Kontrahenten hinterher meistens selber nicht so recht wussten, wie in Dreiteufelsnamen ein Fußballtor dermaßen fest vernagelt sein kann. Kunst eben, das kommt ja bekanntlich von Können, auch wenn Kunst ohne harte Arbeit nicht existiert. Das hatten sie verinnerlicht im Erzgebirge.

 

Nach sieben Spieltagen der Saison 2011/2012 ist der Pinselstrich nun etwas unscharf geworden in Aue, aber dabei hat man eigentlich gar nicht viel verändert in der Wismutstadt, außer dem einen kantigen Mittelstürmer (Enrico Kern) einen weiteren (Ronny König) an die Seite zu stellen. Altmeister Tomasz Kos ist außerdem noch abgetreten von der großen Fußballbühne, doch der hatte seinen letzten Auftritt ohnehin beim Gastspiel in Düsseldorf am 28. Spieltag gehabt. Bislang reichte es in dieser Spielzeit aber erst zu einem einzigen Sieg im Auftakt gegen die Aachener Alemannia, natürlich ein 1:0, alles schien wie gehabt. Danach dann plötzlich: Leerlauf im Remis-Modus, zudem eine 0:4-Reise bei den Münchner Löwen. Woher kommt die Schaffenskrise im 1:0-Atelier?

 

Coach Rico Schmitt hat die Ursache im Offensivspiel diagnostiziert und ist zuversichtlich: "Das kriegen wir in den Griff!" Und setzte jüngst wieder an jenem Hebel an, den Aue in der Vorsaison scheinbar nach Belieben ziehen konnte, wenn ein enges Spiel durch einen schmutzigen Treffer entschieden werden musste. Die  Standards. "Wir müssen das Timing verbessern und die Torgefahr erhöhen", predigt der Übungsleiter, denn er weiß, dass sein Kader über eine überdurchschnittliche Anzahl funkturmhoher und flugzeugträgerbreiter Kerls verfügt, die über ein ausgeprägtes Gefühl in der Stirnplatte gebieten. Ebenjenes wurde in der Vorsaison auch der Düsseldorfer Fortuna zum Verhängnis, die im Sparkassen-Erzgebirgsstadion mit beachtlicher Chuzpe auftrat - und die drei Zähler trotzdem zähneknirschend in der Heimkabine abgeben musste, weil Marc Hensel fünf Minuten vor Schluss einen Eckball mit dem Schädel seinem Bestimmungsort zuführen konnte.

 

Nicht nur, aber auch weil die Fortuna demzufolge ein gebranntes Kind ist, werden Norbert Meier und Co. sich davor hüten, übermütig nach Aue zu reisen. Die Schaffenskrise im 1:0-Atelier wird nicht ewig dauern. Und wie jeder Künstler weiß, kann man eine Kunst nicht verlernen.

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