01.01.2015 | Verein

"Unser Potenzial ausschöpfen"

Vorstand Sport Helmut Schulte blickt auf sein erstes Fortuna-Jahr zurück

Haargenau seit einem Jahr bekleidet Helmut Schulte den Posten des Vorstandes Sport von Fortuna Düsseldorf. In seiner langen Karriere im Profifußball gehört der 57-Jährige erstmals einem Vorstand an. In einem zweiteiligen Interview blickt Schulte auf sein ereignisreiches erstes Jahr bei der Fortuna zurück. Dabei spricht er im zweiten Teil u.a. über die Hinrunde, die Zusammenarbeit mit seinen Vorstandskollegen und über seine Erwartungen für 2015.

Diese Saison ist aus Fortuna-Sicht bisher leichten Schwankungen unterlegen. Einem durchwachsenen Start folgte eine Serie von elf Spielen ohne Niederlage. Danach gab es zwei Pleiten gegen den VfR Aalen und den SV Sandhausen. Wie sehen Sie die Hinrunde?
Wir sind durchaus in dem Bereich, in dem wir uns vor der Saison gerne gesehen hätten. Dass wir ein wenig Mühe hatten, in die Saison reinzufinden, ist nicht unnormal, da wir einige neue Spieler zu integrieren hatten. Es hat eine gewisse Zeit gedauert, bis wir unsere erste Elf gefunden haben. Diese hat bis zum Ingolstadt-Spiel unsere Erwartungen übertroffen. Von dem Moment an sind uns mit Sergio da Silva Pinto und Lukas Schmitz zwei sehr wichtige Spieler ausgefallen. Daraufhin haben wir auf Strecke einige Punkte liegen lassen. Damit musste man aber auch rechnen. Dass wir dann gegen zwei Teams aus dem unteren Bereich der Tabelle hintereinander verloren haben, ist sicher ärgerlich. Aber unterm Strich konnten wir 28 Punkte in der Hinrunde holen, dazu kommen noch drei aus dem letzten Heimspiel gegen Union Berlin. Das ist eine sehr ordentliche Bilanz.

Ist es nicht normal, dass man über den langen Zeitraum einer Saison bessere und schlechtere Phasen hat?
Außer Bayern München gibt es keine Mannschaft in Deutschland, die nicht auch mal Phasen hat, in der sie ihre PS nicht auf die Straße bekommt. Wenn man dann auch noch auf einer Position auf beide etatmäßigen Akteure verzichten muss, kann man dort schon mal Probleme bekommen. Vor der Saison hätte ich gedacht, dass wir auf der Linksverteidiger-Position mit Lukas Schmitz und Heinrich Schmidtgal doppelt überdurchschnittlich gut besetzt sind. Dass wir ausgerechnet dort durch Verletzungen Probleme bekommen, konnte niemand absehen. Man darf sich aber insgesamt nicht von kurzfristigen Misserfolgserlebnissen emotionalisieren lassen, sondern muss den Kopf oben behalten und an die eigene Qualität glauben.

"Es ist wichtig, dass die handelnden Personen den Verein stets mit Ruhe und Sachlichkeit führen"



Man hat in dieser Saison bisher weder Sie noch Cheftrainer Oliver Reck über die Verletzungssorgen plagen hören. Sind die vielen Ausfälle in Ihren Augen normal?
Was habe ich davon, wenn ich immer davon erzähle, außer irgendwelche Entschuldigungen zu suchen und die eigene Mannschaft zu schwächen? In die Beurteilung der einzelnen Spiele muss ich persönlich einbeziehen, dass bestimmte Stammkräfte gefehlt haben. Aber wenn ich das ständig nach außen trage, mache ich mich selber schwach. Und das machen wir ganz bestimmt nicht. Ohnehin ist es normal, dass 10 bis 15 Prozent der Spieler in einem Kader verletzt sind. Dafür planen Profivereine ja auch mit breiten Kadern.

Mit welchen Gefühlen nehmen Sie zur Kenntnis, dass nach zwei Niederlagen derart große Kritik aufkommt?
Ich habe mal folgende Aussage gehört, die sich auf die Boulevardpresse bezogen hat: Wenn du gewinnst, erhältst du den Status des Halbgottes und wenn du verlierst, wirst du in die Hölle verbannt. Es gibt in diesem Geschäft große Schwankungen in den Bewertungen der Leistungen. Und diese hängen in der Regel vom Ergebnis ab. Ich versuche für mich persönlich immer, die Spitzen dieser Schwankungen zu ignorieren. Die oberen Ausschläge sind genauso übertrieben wie die nach unten. Wenn man in diesem Geschäft arbeitet, muss man aber sicherlich mit beiden Situationen umgehen können. Es ist wichtig, dass die handelnden Personen den Verein stets mit Ruhe und Sachlichkeit führen. Für die Emotionen sind die Spieler auf dem Platz und die Fans auf den Rängen zuständig. Das ist eine gute Aufgabenteilung.

Hätten Sie bei Ihrem Amtsantritt gedacht, dass hier „himmelhochjauchzend“ und „zu Tode betrübt“ sehr nah beieinander liegen?
Das ist in meinen Augen ganz normal – die Wahrheit liegt aber wie gesagt in der Mitte. Normal ist auch, dass viele Vereine mit 25 Prozent zu hoher Zielsetzung in die Saison starten. Dass dies nicht passiert, muss man auch sehr gut aufpassen. Es ist immer besser, die Erwartungen zu übertreffen als nicht erfüllen zu können. Im Sport ergibt sich doch das Ziel immer von selber: Jeder Einzelne möchte immer das nächste Spiel gewinnen.

"Ich habe noch nie in einem Verein gearbeitet, in dem alles derart gut strukturiert ist"

Sie sind zum ersten Mal in Ihrer Fußball-Karriere Mitglied eines Vorstandes. Ist das für Sie eine besondere Rolle?
Ich könnte sagen, dass meine Rolle in Düsseldorf durchaus mit der beim FC St. Pauli zu vergleichen ist. Zwar war ich dort „nur“ Sportdirektor und hatte ein operativ verantwortliches, ehrenamtliches Präsidium über mir, zudem einen Aufsichtsrat. Aber ich habe mich alleine schon aus der Historie heraus für sehr viele Dinge verantwortlich gefühlt. Das war in Wien nicht mehr so sehr der Fall, weil ich mich da einzig und alleine auf den sportlichen Bereich konzentrieren konnte. Hier ist es nun so, dass ich zum einen für die Lizenzspielerabteilung, für das Souting und das NLZ verantwortlich bin, aber gleichzeitig zu 25 Prozent für den gesamten Verein.

Wie sehen Sie die Vereinsstruktur?
Ich habe noch nie in einem Verein gearbeitet, in dem alles derart gut strukturiert ist wie hier. Der Aufsichtsrat wird zum Teil von den Mitgliedern gewählt, zum Teil vom Wahlausschuss bestellt, der Aufsichtsrat wiederum bestellt den Vorstand, der komplett hauptamtlich tätig ist und in sich eine klare Struktur mit eindeutiger Aufgabenteilung hat. Für einen Verein wie Fortuna Düsseldorf ist das perfekt. Hinzu kommt, dass der Aufsichtsrat eine sehr gute und weitreichende Entscheidung für die Zukunft der Fortuna getroffen hat, indem auch der Vorstandsvorsitzende hauptamtlich tätig ist.

Wie muss man sich die Zusammenarbeit mit Ihren Vorstandskollegen vorstellen?
Einmal in der Woche setzen wir uns einen halben Tag lang zusammen und jeder spricht über verschiedene Themen in seinem jeweiligen Aufgabenbereich. Wir reden dann darüber und – wenn nötig – treffen wir dann auch gemeinsam Entscheidungen im Sinne des Vereins. Ansonsten gibt es natürlich auch darüber hinaus immer wieder kleinere Gespräche oder Mailverkehr zwischen einzelnen oder allen Vorstandsmitgliedern. Das ist in meinen Augen eine sehr gute und fruchtbare Zusammenarbeit.

Zurück zu dieser Saison: Sie betonen häufiger, dass Sie kein Freund von Wintertransfers sind. Wie realistisch ist es, dass sich diesmal im Kader etwas tut?
Es gibt für mich nur zwei Argumente, im Winter etwas zu tun. Das erste ist ein Problem aufgrund von Verletzungen. Das zweite ist, man kann jemanden verpflichten, den man mit hoher Wahrscheinlichkeit im darauffolgenden Sommer nicht mehr bekommen würde. Wenn etwas davon eintritt, sollte man reagieren. Aber an sich ist der Markt im Winter unheimlich kompliziert. Wenn man sich einmal anschauen würde, wie viele Wintertransfers sich in der Vergangenheit tatsächlich als sinnvoll herausgestellt haben, würden viele Leute negativ überrascht werden.

In der Vorbereitung kommt es zum Kräftemessen mit Borussia Dortmund. Freuen Sie sich auf dieses Spiel?
Auch wenn Dortmund in der ersten Halbserie seine PS nicht auf die Straße bekommen hat, ist es eine Mannschaft, die sensationelle Fußballer in ihren Reihen hat. Wenn man die Chance bekommt, diese Leute gegen das eigene Team sehen zu können, ist das eine tolle Geschichte. Ich bin sehr glücklich, dass dieses Spiel zustande gekommen ist. Auch für den BVB wird es ein sehr guter Test vor dem Rückrundenstart sein. Mit anderen Worten: Es passt alles wunderbar zusammen.

"Wir können das schaffen, wenn wir uns nicht selbst ein Beinchen stellen"

Was erwarten Sie von der Mannschaft in den verbleibenden 15 Spielen?
Ich erwarte, dass wir das Potenzial, das in der Mannschaft steckt, ausschöpfen können. Dabei ist ein großer Wunsch von mir, dass wir in den Heimspielen unsere Fans genauso glücklich machen, wie es uns bisher nur mit unserem Auswärtspublikum gelungen ist.

Wie optimistisch sind Sie, dass die Fortuna das Ziel, bis zum Saisonende oben mitzuspielen, am Ende erreichen wird?
Wir können das schaffen, wenn wir uns nicht selbst ein Beinchen stellen. Da beziehe ich alle beteiligten Personen in diesem Verein mit ein. Wir müssen stets die Ruhe bewahren und an uns glauben. Dabei sollten wir uns auch immer wieder an die eigene Nase fassen und fragen, ob wir immer alles versuchen, um den größtmöglichen Erfolg zu haben. Sicherlich schafft man es nicht immer, 100 Prozent der Leistungsfähigkeit abzurufen - das schafft niemand in seinem Job. Aber man muss zumindest versuchen, alles dafür zu tun.

Zum Abschluss die allgemeine Frage: Was wünschen Sie sich für das Jahr 2015?
In erster Linie Gesundheit für uns alle – das sollte immer im Vordergrund stehen.

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