15.07.2015 | Verein

Karl Gramminger verstorben

Mit Zwillingsbruder Martin Idole der 1950er Jahre

Fortuna Düsseldorf trauert um Karl Gramminger. Der ehemalige Spieler der Flingeraner verstarb am gestrigen Dienstag, 14. Juli 2015, im Alter von 88 Jahren. Fortuna Düsseldorf gedenkt eines herausragenden Spielers, der mit seinem Zwillingsbruder Martin in den 1950er Jahren zu den herausragenden Spielern gehörte. Sie waren Idole ihrer Zeit, über die auch in den folgenden Jahrzehnten nur Gutes erzählt wurde.

  • Karl Gramminger (l.) und sein Zwillingsbruder Martin bei einer Trainingseinheit in den 1950er Jahren am Flinger Broich.

Natürlich fällt fast jedem Fortuna-Fan der Rot-Weißen heutzutage bei dem Stichwort „Brüderpaar“ sofort der Name Allofs ein. Doch bereits zwanzig Jahre vor Klaus und Thomas gab es ein rot-weißes Duo, die denselben Familiennamen trugen: die Gebrüder Martin und Karl Gramminger. Die waren dabei sogar noch Zwillinge und glichen sich, wie sich Fortunas Ehrenpräsident, Hans-Georg Noack, erinnert, wie ein Ei dem anderen. Gemeinsam standen sie zwischen 1952 und 1958 bei Fortuna unter Vertrag, und kamen auf über 300 Einsätze: Karl 156 Mal, Martin 146 Mal. Welch große Verstärkung die Beiden für den Verein waren, zeigt alleine schon ihre Torausbeute: Martin kam in sechs Jahren - und dies als etatmäßiger Außenläufer - auf 49 Tore, sein Bruder Karl übertraf ihn in fast der gleichen Zeit sogar und verbuchte 81 Treffer für sich und seinen Verein.

Legendär und heutzutage nicht mehr vorstellbar war ein Fußball-Spektakel, das am 6. November 1954 im Rheinstadion vor 25.000 Zuschauer auch auf den Rängen für ungläubiges Staunen gesorgt und definitiv zur Legendenbildung der Zwillinge beigetragen hat: Fortuna empfing an diesem 10. Spieltag den FC Schalke 04 und befand sich auf einem Abstiegsplatz. Doch der favorisierte Tabellenvierte aus dem Ruhrgebiet fand nicht ins Spiel und stattdessen gab es eine ganz große Show rund um die Grammingers zu bestaunen. Denn als es am Ende 7:2 stand, war bei den Torschützen für die Fortuna auf dem Spielberichtsbogen nur der Name Gramminger zu lesen. Nachdem Martin die ersten drei Treffer erzielt hatte, war Karl an der Reihe und schnürte ebenfalls einen Dreierpack. Für den Endstand sorgte dann abermals Martin. Fünfmal netzten Beide im Übrigen mit dem Kopf ein. Woran sich auch Matthes Mauritz, Fortunas inzwischen 90-jähriger Alt-Internationaler und damals Mannschaftskollege der Beiden, noch gut erinnern kann: „Das waren geradezu artistische Einlagen, wie sie den Ball im Hechtsprung - knapp 20 Zentimeter über der Grasnarbe - versenkt haben.“

Karl Gramminger hatte sich, mit gerade einmal neun Jahren, ab der Saison 1936/37 dem VfL Mannheim-Neckerau angeschlossen, um das Spiel mit dem Lederball zu erlernen. Dort durchlief er auch sämtliche Jugendauswahlmannschaften. Nach Ende des 2. Weltkrieges im Mai 1945 hatte er ein gutes Angebot des Düsseldorfer Weltkonzerns Henkel erhalten, worauf es ihn ins Rheinland zog. Sein Bruder Martin nahm einen ähnlichen Werdegang, fing ebenfalls in Düsseldorf-Holthausen an, ging aber einen sportlichen Umweg über den 1. FC Köln, wo er für kurze Zeit kickte, bevor er auf die richtige Rheinseite wechselte.

Auf eigenem Platz war Fortuna eine Macht. „Jede Mannschaft hatte Angst, zu uns ins Rheinstadion zu kommen. Wir haben dort alle großen Mannschaften geschlagen“, blickte Karl Gramminger noch vor etlichen Jahren auf die damalige Zeit zurück.

Das Paar wusste aber nicht nur auf dem Rasen ihre Gegner zu verwirren, sondern führte auch das eine oder andere Mal einen Offiziellen optisch aufs Glatteis. Dies belegt eine legendäre Anekdote, die der langjährige Sportchef der Westdeutschen Zeitung, Karl-Heinz Wanders, überlieferte: So wurde Karl Gramminger einst vor das DFB-Sportgericht zitiert, weil er sich im Spiel gegen Rot-Weiss Essen bei seinem Gegenspieler, der ihn fortwährend provoziert hatte, mit einer saftigen Ohrfeige revanchiert hatte und er daraufhin des Platzes verwiesen wurde. Als der verantwortliche Schiedsrichter den Übeltäter vor der Gerichtsbarkeit identifizieren sollte, wurden ihm beide Gramminger-Brüder gegenübergestellt. Der Unparteiische konnte sich nicht eindeutig festlegen, wer nun der Übeltäter gewesen war, worauf die Anklage fallengelassen wurde und Karl einer Sperre entging.

Nach seiner Zeit bei den Fortunen wechselte er noch für vier Spielzeiten nach Leverkusen, bevor er 1962 seine Laufbahn beendete. Das Angebot, ins Geschäft der Schwiegereltern einzusteigen, führte ihn ins schwäbische Nürtingen. Seinem Lieblingssport blieb er noch eine ganze Weile treu, denn er trainierte den ortsansässigen Club und dessen Nachwuchs.

Sein Bruder Martin ging nach seiner Karriere andere Wege und ließ sich im benachbarten Neuss nieder. Dies sorgte dafür, dass der Kontakt der beiden Brüder in der Folgezeit seltener wurde. „Was aber nicht daran liegt, dass wir uns nicht gut verstünden. Aber die Entfernung zwischen Neuss und Nürtingen ist halt sehr groß“, sagte Martin Gramminger später einmal - in bereits hochbetagtem Alter. Den Bällen jagte Martin weiterhin hinterher: Neben seiner Trainertätigkeit beim VfR Neuss spielte er auch erfolgreich Tennis und wurde mehrfach Meister seiner Klasse.

Auch wenn es für Beide nie für die Karriere in der Nationalmannschaft reichte, was sie durchaus bedauerten, konnten sie auf eine große Laufbahn bei Fortuna Düsseldorf zurückblicken. Und hier werden sie - ebenso wie die Allofs-Brüder - für immer ein unvergessenes Paar mit Legendenstatus bleiben.

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