„Ich bin hier ein Entwickler“
Wie ist es eigentlich in Singapur, Ken Ilsø?
Seitdem Ken Ilsø im Jahr 2013 die Fortuna verlassen hat, ist in seinem Leben einiges passiert. Über die Stationen VfL Bochum, Guangzhou in China ist er nun bei Home United in Singapur gelandet. Auf dieser interessanten Reise stand nicht immer der Fußball im Vordergrund. Im Gegenteil, im Interview mit „Fortuna Aktuell“ berichtete der einstige Düsseldorfer Publikumsliebling darüber, wie er zu sich selbst gefunden hat, schließlich aber doch den Fußball vermisste.
Ken, wie geht‘s Dir?
Mir geht’s super!
Liegt das auch an Eurem ersten Saison-Spiel? Du hast direkt getroffen…
Ja, natürlich. (lacht) Ich spiele momentan ganz vorne im Sturm, sodass ich zu mehr Chancen komme. Es ist ein bisschen so wie am Anfang bei der Fortuna, als ich auch ganz vorne gespielt habe. Und wenn ich als echter Stürmer spiele, treffe ich auch regelmäßig. (lacht)
Wie war denn das Spiel zwischen Geylang International FC und Deinem neuen Club Home United?
Sehr hektisch. Denn die Rasenplätze haben hier eine unterschiedliche Qualität. Und der Platz in Geylang war grottenschlecht. Sehr trocken und hart, sodass ein guter Spielfluss kaum möglich war. Das Tempo war zwar ganz okay, aber insgesamt war das Spiel ziemlich chaotisch.
Wie muss man sich das fußballerische Niveau in Singapur vorstellen?
Das Niveau ist natürlich nicht so hoch. Aber trotzdem gibt es viele gute Spieler. Aber als gesamte Mannschaft haben sie einige Probleme - vor allem im taktischen Bereich. Insgesamt befindet sich der Fußball hier in einer Entwicklungsphase. Ich bin ja auch so ein bisschen als Entwickler hier, da ich im europäischen Fußball viel Erfahrung gesammelt habe.
Du spielst bei Home United. Welche Rolle spielt dieser Verein in Singapur?
Wir gehören auf jeden Fall zu den Favoriten der Liga. Wir sind ein großer Verein, der in den letzten Jahren die Erwartungen allerdings nicht erfüllen konnte. Aber der Club spielt um die Meisterschaft mit und will auch immer gewinnen. Allerdings befindet sich der Verein gerade im Umbruch. In der Startformation der ersten Partie standen nur drei Spieler, die auch letztes Jahr schon hier waren. Der Trainer kommt aus dem Jugendbereich des Vereins und hat die Truppe jetzt übernommen. Er ist aber ein richtig guter Trainer.
Deine Zeit bei der Fortuna ist jetzt fast zwei Jahre her. Seitdem hast Du einiges erlebt, angefangen beim VfL Bochum. Wie war Deine Zeit beim letzten Gegner der Fortuna?
Ich habe es beim VfL eigentlich gut gehabt. Sowohl im Verein als auch in der Mannschaft, aber ich habe damals einfach gemerkt, dass ich eigentlich etwas anderes wollte. Ich wollte eine menschliche Reise machen und wollte mit meinem Fußball in die Welt hinaus, um neue und andere Kulturen zu sehen. Dann habe ich einfach meinen Rucksack gepackt und meine Fußballschuhe drangehängt. (lacht)
Wie kam es dazu, dass Du nach Deiner Vertragsauflösung in Bochum plötzlich in China bei Guangzhou R&F gelandet bist?
Eigentlich dachte ich, dass ich Bochum verlasse und dann erst einmal vertragslos bin. Aber plötzlich kam das Angebot aus China. Für mich war das damals ein großes Glück. Denn ich wollte immer in Asien spielen und hatte ja auch chinesische Kultur und Geschichte studiert. Deshalb wollte ich immer gerne nach China gehen, nur wusste ich nicht, wann. Letztlich kam es dann früher, als ich gedacht habe.
Wie kamst Du in China zurecht? Beherrschst Du die Sprache?
Leider kann ich die Sprache nicht so gut. Ich habe zwar in Dänemark schon vor einigen Jahren an der Universität Chinesisch gelernt, aber durch meine Wechsel ins Ausland, musste ich das leider aufgeben. Jetzt kann ich dem Taxifahrer sagen, wo ich hingebracht werden möchte und im Restaurant einen Kaffee bestellen, aber mehr leider nicht. Hier in Singapur sprechen aber alle Englisch. Das macht es natürlich auch in der Mannschaft leichter, als es für mich in China war.
Warum endete Dein Engagement in China schon nach ein paar Monaten?
Ursprünglich hatten wir einen einjährigen Vertrag ausgemacht, aber es gab für beide Seiten die Möglichkeit den Vertrag nach drei Monaten aufzulösen. Nach vier Monaten wollte Trainer Sven Göran Eriksson mich gerne behalten, aber der Besitzer des Vereins wollte lieber einen großen Stürmer und das bin ich eben nicht. Deshalb wurde der Vertrag im Sommer aufgelöst.
Anschließend bist Du auf eine Reise gegangen…
Als mein Vertrag in China dann aufgelöst wurde, habe ich eine Rundreise durch das Land gemacht. Aber viel länger als in China war ich auf den Philippinen. Und da habe ich wirklich geile Eindrücke gesammelt. Denn China und die Philippinen sind auch komplett unterschiedlich, und deshalb habe ich total viel erlebt und auch über mich selbst sehr viel entdeckt - über meine eigene Person.
Was meinst Du damit?
In der Fußballwelt ist deine ganze Identität nur mit dem Fußball verbunden. Wenn man zum Beispiel einen Fußballspieler fragt, was sein Hobby ist, dann können dir ganz viele keine Antwort geben. Eine problematische Frage ist natürlich vor allem, was denn eigentlich nach der Fußballkarriere passiert. Da steht man dann plötzlich da und hat keine Ahnung, wie es eigentlich weitergehen soll. Deshalb habe ich mir einfach nur gedacht, dass ich mich selbst gerne entdecken möchte. Weil ich glaube, dass mich das als Mensch, aber vielleicht auch als Fußballer besser macht.
Was würdest Du antworten, wenn man Dich jetzt fragt, was Deine Hobbies sind?
Dann antworte ich auf jeden Fall Philosophie, aber auch Tauchen. Das habe ich gerade auf den Philippinen sehr viel gemacht. Da habe ich auch entdeckt, dass ich unter Wasser wirklich lange die Luft anhalten kann.
Was für besondere Augenblicke hast Du auf Deiner Reise erlebt? Vielleich auch unter Wasser?
Einmal bin neben einer riesigen Schildkröte geschwommen. Ganz oft sieht man ja, dass die Tiere Angst vor dem Menschen haben. Aber plötzlich hat mich die Schildkröte einfach nur angeguckt und ist dann ganz langsam weitergeschwommen. Die war vielleicht einen halben Meter von mir entfernt. Das war für mich unglaublich beeindruckend. Es war auch sehr faszinierend, als ich mit Walhaien geschwommen bin. Diese Tiere haben einfach ein riesiges Maul - das ist unfassbar. Von der Natur, aber auch von den Menschen war es auf den Philippinen sehr beeindruckend. Aber als ich mich in dieser Zeit ein bisschen selbst entdeckt habe, merkte ich auch, wie sehr ich den Fußball vermisse. Das war eine interessante Entdeckung.
Bei Deinem jetzigen Verein arbeitet auch Fortunas ehemaliger Athletik-Trainer Dirk Schauenberg. Inwiefern war er in Deinen Transfer involviert?
Dirk ist ein super Typ. Wir haben sehr viel Spaß zusammen und ich habe den Kontakt zu ihm immer gehalten. Im Sommer habe ich ihn nun in Singapur getroffen und er hat gesagt, dass ich doch mal eine Woche vorbeikommen solle und in der Zeit bei ihm schlafen könnte. Dadurch habe ich damals schon die ganzen Leute des Vereins kennengelernt. Und irgendwann im Dezember haben sie angerufen und mich gefragt, ob ich nicht bei ihnen spielen will.
Inwiefern hast Du Deine Zeit bei der Fortuna noch in Erinnerung?
Das war auf jeden Fall eine coole Zeit, wahrscheinlich sogar die beste Zeit meines Lebens. Auch weil ich so eine gute Verbindung zu den Fans hatte. Das hat mir sehr viel bedeutet. Kürzlich habe ich analysiert, wer meinem Blog (Anm. d. Red.: still-tripping.com) eigentlich verfolgt und woher meine Follower denn kommen. Da habe ich gesehen, dass 80 Prozent meiner Follower aus Düsseldorf kommen. Das bedeutet mir so viel. Einfach überragend.
Du hast fast Drei Jahre für die Fortuna gespielt. Gibt es einen Moment, den Du noch besonders in Erinnerung hast?
Es gibt mehrere. Aber zwei stehen ganz klar im Vordergrund. Zum einen mein Heim-Debüt gegen den FSV Frankfurt, als ich drei Tore geschossen habe. Und zum anderen natürlich, als wir gegen Hertha BSC Berlin aufgestiegen sind. Da war alles hektisch und irgendwie in richtiger Fortuna-Manier. (lacht) Wir hatten damals auch eine sehr coole Mannschaft. Und wenn man zurückdenkt, war das einfach eine super Zeit mit so vielen coolen Leuten.
Aktuell bist Du in Singapur. Wo geht Deine Reise als noch hin?
Keine Ahnung, ich bin noch jung. Das weiß ich wirklich nicht, aber es wird auf jeden Fall auch wieder ein Abenteuer. Wo ich lande? Wie lange ich hier bleibe? Oder ob ich einfach ganz hier bleibe? All das weiß ich nicht, aber gucken wir doch einfach einmal, wo es hingeht. (lacht)
Sieht man Dich eines Tages wieder in Europa? Vielleicht in Deiner Heimat Dänemark oder auch in Deutschland?
Nach Dänemark kehre ich vielleicht zurück, wenn ich mal eine Familie mit Kindern habe. Dann habe ich wahrscheinlich den Wunsch, wieder nach Hause zu kommen. Und in Deutschland gibt es nur einen Verein für mich…