06.08.2011 | 1. Mannschaft

Fortuna Düsseldorf trauert um Kuno Klötzer

Erster Bundesliga-Aufstiegstrainer im Alter von 89 Jahren verstorben

Er gehörte ohne Zweifel zu den ganz großen Trainern, die Fortuna Düsseldorf in ihren Reihen hatte, denn nur wenige konnten Erfolge aufweisen wie der gebürtige Sachse. Ein hohes Alter sollte ihm beschieden sein, doch am heutigen Samstag hörte das Herz von Kuno Klötzer für immer auf zu schlagen.

Klötzer, der neben vielen anderen Talenten auch den heutigen Chefcoach der Fortuna, Norbert Meier, entdeckte, saß 1953 erstmals auf der Trainerbank der Flingeraner. Da hatte er bereits ein sehr bewegtes Leben hinter sich.
Geboren am 19. April 1922 im erzgebirgischen Geyer (südlich von Chemnitz), schnürte Klötzer schon früh die Fußballschuhe und stand so bereits mit 17 ½ Jahren im Kader der 1. Mannschaft seiner Heimatstadt.
1940, der 2. Weltkrieg hatte im Jahr zuvor begonnen, wurde Klötzer zur Wehrmacht eingezogen und musste nach Russland. Dort geriet er später in Kriegsgefangenschaft, aus der er erst am 30. Januar 1946 fliehen konnte. Er ließ sich im niedersächsischen Helmstedt nieder, fand einen Job beim dort ansässigen Straßenverkehrsamt und schloss sich dem dortigen Fußballverein HSV an.


Da er sich neben seiner Karriere auf dem Fußballplatz schon immer auch für einen Posten als Trainer interessierte, übernahm er schon früh die Aufgaben als Übungsleiter bei Vereinen des niedersächsischen Fußballverbandes. Doch Klötzer war ehrgeizig und ihm reichten seine Kenntnisse nicht aus, weil er seinen Mannschaften "einfach mehr bieten" wollte. So meldete er sich 1948 an der Sporthochschule in Köln zu einem Lehrgang an - bei niemand Geringerem als dem späteren Weltmeisterschafts-Trainer Sepp Herberger. "Das war für uns schon eine tolle Sache, von ihm unterrichtet zu werden", wusste Klötzer noch Jahrzehnte später zu berichten. "Er führte uns in die Psychologie des Fußballs ein und zeigte uns, wie man eine Mannschaft menschlich führen sollte." Eine revolutionäre Auffassung für damalige Zeiten. Klötzer bestritt die Prüfung mit 26 anderen Kollegen und bestand sie als einer der Besten mit der Note "sehr gut".


Der 1. FC Köln wollte die Gunst der Stunde nutzen und Klötzer direkt als Spieler für die Domstadt verpflichten. Per Handschlag war schon alles geklärt, bis der SV Werder Bremen ins Spiel kam und ebenfalls großes Interesse zeigte. Klötzer wollte sich mit dem Verhandlungsführer der Norddeutschen zu Gesprächen treffen, als er erfuhr, dass sein Gesprächspartner mit einem lebensbedrohlichen Blutsturz ins Krankenhaus eingeliefert wurde. "Die Tatsache, dass er trotz seiner schweren Krankheit mit mir sprechen wollte, hat mich so schwer beeindruckt, dass mich entschieden habe, das Angebot von 1949 bis 1951 in Bremen anzunehmen", beschrieb er seine Motivation. Doch auch in Bremen betätigte er sich nebenbei als Trainer und coachte dort bis auf die 1. Mannschaft sämtliche Teams des Vereins.


Nachdem seine aktive Karriere nach zwei Knieoperationen beendet war, kam Fortuna Düsseldorf als erste große Trainerstation Klötzers ins Spiel. Hans Körfer, damals ein bekannter Sportjournalist und Vorsitzender des DFB-Spielerausschusses, sollte ihn für vier Jahre an den Flinger Broich holen. In dieser Zeit waren es unvergessene Spielergrößen wie Jupp Derwall, Erich Juskowiak oder Toni Turek, die unter seiner Regie spielten. Doch 1957 trennten sich die Wege Klötzers und der Fortuna wieder. "Der Verein wollte was anderes machen und auch ich suchte eine neue Herausforderung", begründet er die damalige Trennung. Doch die Wege sollten sich ein weiteres Mal kreuzen. Denn sechs Jahre später, nach Trainerämtern in Münster, bei Schwarz- Weiß als auch Rot-Weiß Essen zog es Klötzer wieder zurück in die Landeshauptstadt.


Für weitere vier Jahre zog Kuno Klötzer die Strippen der Rot-Weißen Fortuna und es dauerte nicht lange, bis er 1966 den ersten großen Erfolg mit der Mannschaft erzielte: Die Fortuna stieg erstmals in die Bundesliga auf. Doch es sollte nur ein kurzes Gastspiel werden. Denn nur ein Jahr später wechselten die Flingeraner wieder die Klasse und mussten, nach einer insgesamt verkorksten Saison und einer letztlich entscheidenden 1:2-Niederlage beim Hamburger SV, den Gang in die Zweitklassigkeit antreten. Hieran hatte Kuno Klötzer bis zuletzt keine schönen Erinnerungen. "Wir landeten in Düsseldorf und wollten mit der Mannschaft in einer Wirtschaft in Stockum essen gehen. Als ich gerade meine Saisonabschlussrede halten wollte, kam ein Offizieller des Vereins zu mir und sagte, ich sei entlassen. Die Rede konnte ich mir sparen".
Es war ein großer Schock für ihn, der gerne in Düsseldorf weiter gearbeitet hätte. Die Tatsache, dass er nie eine plausible Erklärung für die Entlassung bekommen habe, kränkte ihn noch sehr lange.


Die Jahre 1976 und 1977 waren für Klötzer, mittlerweile in Diensten des Hamburger SV, die erfolgreichsten in seiner langen und beindruckenden Trainerkarriere. Nachdem die Hanseaten DFB Pokalsieger wurden, gewann er mit seiner Mannschaft nur ein Jahr später das Finale des Europäischen Pokalsiegerwettbewerbs mit 2:0 gegen den RSC Anderlecht.
1981 sollte Klötzers Trainerkarriere eigentlich beendet sein, doch er ließ sich vom damaligen Bremer Manager Rudi Assauer dazu überreden, noch einmal als Chef an der Seitenlinie zurückzukehren. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm: Aufgrund eines schweren Autounfalls musste Klötzer drei Wochen ins Krankenhaus. Als er sich wieder erholt hatte und zurück auf die Bank des SV Werder wollte, teilte Assauer ihm mit, dass nunmehr Otto Rehhagel, der Klötzer während seiner Abwesenheit bereits vertreten hatte, der neue Trainer sei. Ein Schlag ins Gesicht des ehrgeizigen Mannes, der die Eigenschaft "Aufrichtigkeit" stets als eine seiner Kardinaltugenden bezeichnete.


Klötzer, der sich in der Nähe von Hamburg in Norderstedt zur Ruhe gesetzt hatte, war jedoch auch nach seiner aktiven Zeit weiter am Fußball interessiert. So saß er nach Eigenen Angaben "beim HSV bei jedem Spiel auf der Ehrentribüne und schaue mir an, was die Jungs auf dem grünen Rasen heutzutage so treiben", berichtete er einmal gegenüber einem Redakteur des Stadionmagazins "Fortuna Aktuell".


Den Kontakt in die Landeshauptstadt hatte er im Übrigen bis zuletzt nicht abreißen lassen - auch weil eine seiner Töchter in Ratingen wohnt. Regelmäßige Treffen mit Ex-Stadionsprecher Dieter Bierbaum oder Ehrenpräsident Hans-Georg Noack, aber auch Besuche des Alt-Fortunen-Stammtischs gehörten offensichtlich zu seinem Lebenselixier. Und vielen unvergessen ist auch sein Besuch im Paul-Janes-Stadion im November 2004 - als Überraschungsgast für den damals 80 Jahre alt gewordenen Matthes Mauritz-, sowie später in der LTU arena.

Sein letztes Bundesliga-Spiel sah Klötzer im Mai - beim HSV. Danach setzte eine massive gesundheitliche Verschlechterung ein.


Fortuna Düsseldorf trauert um einen herausragenden und vorbildlichen Mann des Sports, dem der Verein außerordentlich viel zu verdanken hat. Die Gedanken der Anteilnahme gelten seiner Familie, seinen Anverwandten und Freunden. Fortuna Düsseldorf wird Kuno Klötzer immer ein ehrendes Andenken bewahren.

 

bundesliga.de

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