17.11.2021 | Verein

„Wir sind gut durch die Krise gekommen und können positiv in die Zukunft schauen!“

Thomas Röttgermann über den Jahresabschluss 2020/2021

Die Fortuna hat allen Vereinsmitgliedern mit der Einladung zur Mitgliederversammlung die Finanzzahlen und einen Finanzbericht des abgelaufenen Geschäftsjahres zugänglich gemacht. Im Interview erklärt der Vorstandsvorsitzende Thomas Röttgermann, wie die Zahlen zu bewerten sind.

Die Vereinsmitglieder konnten es schon nachlesen. Klären Sie uns auch auf: Wie sieht das Finanz-Ergebnis der Saison 2020/21 aus?
Thomas Röttgermann: „Die vergangene Saison war vom ersten bis zum letzten Spieltag durch die Folgen der Corona-Pandemie geprägt. Die Zahlen belegen nun, dass wir bisher gut durch die Krise gekommen sind. In den letzten beiden Saisons hatten wir – nur Pandemie-bedingt - insgesamt Umsatzeinbußen in Höhe von knapp 18 Millionen Euro aus Spielbetrieb, Werbung, Sponsoring und Medienerlösen zu kompensieren. Trotzdem haben wir die Saison 2019/20 mit einer schwarzen Null und die Saison 2020/21 mit einem Jahresfehlbetrag von lediglich zwei Millionen Euro abgeschlossen. Das ist bei den hohen, pandemiebedingten Einnahmeverlusten und im Wettbewerbsvergleich als großer Erfolg zu werten.“

Fehlbetrag und Erfolg sieht im ersten Moment nach einem Widerspruch aus. Wieso ist das Ergebnis ein Erfolg?
Thomas Röttgermann: „Wir hatten lediglich in einem Heimspiel die Möglichkeit, Zuschauer zuzulassen. Eine ganze Saison ohne Zuschauer hat nicht nur eklatante Auswirklungen auf den Bereich der Zuschauereinnahmen, sondern auch auf die Bereiche Merchandising, Vermarktung und Hospitality. Wir haben es mit vereinten Kräften, durch Solidarität und Kreativität geschafft, die Einnahmenverluste in diesen Bereichen nicht zu hoch werden zu lassen. Hierzu haben Sponsoren und Zuschauer durch den Verzicht auf Rückzahlungen ebenso beigetragen, wie Spieler und Mitarbeiter durch Gehaltsverzichte. Insgesamt war es eine außergewöhnliche Demonstration der Solidarität. Und gleichzeitig haben wir neue Wege gefunden, Einnahmen zu generieren. Im Merchandising haben wir einen Umsatz von 2,6 Millionen Euro erzielt – das ist mehr als in der letzten Zweitligasaison ohne Pandemie und inklusive Aufstieg. Das ist in einer Saison ohne Impulskäufe in der Arena und einer monatelangen Schließung der Shops im Lockdown eine sensationelle Zahl.“

Wie haben sich die Verbindlichkeiten entwickelt?
Thomas Röttgermann: „Gegenüber dem Stichtag 30. Juni 2020 haben wir die Verbindlichkeiten um über ein Drittel reduziert. Das ist aber auch ganz logisch: In der komplett unsicheren ersten Phase der Pandemie haben wir – wie wohl jedes Unternehmen – die wichtigste Krisenregel beherzigt, nämlich Cash zu sammeln, was im Wesentlichen durch Vereinbarungen über Stundungen zustande kam. Verschobene Zahlungen sind aber nun einmal Verbindlichkeiten. Planmäßig haben wir in der zweiten und dritten Phase der Pandemie dann die gestundeten Zahlungen geleistet; dadurch sind die Verbindlichkeiten entsprechend gesunken. Wir haben nur marginale Bankverbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit der Finanzierung des Nachwuchsleistungszentrums entstanden sind. Den Kapitaldienst, also Zins und Tilgung, bedienen wir planmäßig. Darum sind auch die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten zum 30. Juni 2021 auf ca. 3,8 Millionen Euro gesunken.

Sie haben auch den Vergleich zum Wettbewerb angesprochen. Wie verhält es sich hier?
Thomas Röttgermann: „Ich will den Vergleich zu unseren Mitbewerbern gar nicht stressen. Denn grundsätzlich ist es viel wichtiger, auf uns und unsere Entwicklung zu schauen und nicht zu sehr zu gucken, was die anderen machen. In diesem Fall macht ein Vergleich aber durchaus Sinn, denn alle Erst- und Zweitligisten hatten in der letzten Saison mit den gleichen, schlechten Voraussetzungen zu kämpfen. Und hier sehen wir im Vergleich mit den Clubs, dass wir mit einem Verlust von zwei Millionen Euro sehr gut weggekommen sind. Dies hat uns auch die DFL positiv gespiegelt.“

Bei zahlreichen Clubs musste man lesen, dass bedingt durch die Corona-Krise Kredite aufgenommen werden mussten oder staatliche Förderung in Anspruch genommen wurde. War das bei der Fortuna auch ein Thema?
Thomas Röttgermann: „Keiner wusste, wie lange die Krise dauert und wie hart sie uns Bundesligaclubs treffen wird. Sie hat uns alle stark getroffen, hätte uns im Falle eines Ligaabbruchs oder das Aussetzen von Spieltagen aber noch viel heftiger erwischen können. Es war auch lange unklar, ob vor allem ausländische TV-Anstalten die für Übertragungsrechte vereinbarten Zahlungen leisten werden. Folglich haben natürlich auch wir staatliche Hilfen in Anspruch genommen und Sicherheitsnetze gezogen, um dem Verein das Überleben zu sichern.  So haben wir aufgrund der Umsatzeinbrüche die Voraussetzungen für die staatliche „Überbrückungshilfe III“ erfüllt und diese auch beantragt. Unsere Mitarbeiter haben wir teilweise in Kurzarbeit schicken müssen, insbesondere in den Tätigkeitsbereichen, die im Lockdown stillstanden, wie zum Beispiel das Ticketing und das Merchandising. Zudem haben wir auch vorsorglich eine Kontokorrent-Kreditline mit der Stadtsparkasse vereinbart und ein KfW-Darlehen beantragt. Das wirklich erfreuliche ist, dass wir bislang weder das KfW-Darlehen noch die KK-Linie der Sparkasse in Anspruch nehmen mussten. Lediglich den Sportweltdeal haben wir für eine Saison ausgesetzt.“

Das müssen Sie erklären…
Thomas Röttgermann: „Nach sehr kooperativen und fruchtbaren Gesprächen mit Herrn Dr. Kölmel haben wir den Deal mit der Sportwelt für die Saison 2020/21 „unterbrochen“, so dass keine Zahlungen zu leisten waren. Dieses Vertragsjahr wird einfach nach der eigentlichen Beendigung der Sportwelt-Vereinbarung im Jahr 2023 angehängt, ohne dass wir ein zusätzliches Risiko zu tragen hätten.“

Was ist der größte Unterschied zu den Zahlen des vorigen Geschäftsjahres? Was war die größte Veränderung?
Thomas Röttgermann: „Hier muss man sehen, dass wir vor zwei Jahren in der Bundesliga gespielt haben und die Auswirkungen der Pandemie erst in der Rückrunde eingesetzt haben. Das sind zwei wesentliche Faktoren, die man beim Vergleich beachten muss. Wir haben in der letzten Saison allein knapp 13 Millionen Euro weniger TV-Gelder bekommen als im Bundesligajahr. Auch die Werbeeinahmen waren durch die Ligazugehörigkeit und die geringen Einflüsse der Pandemie in der Saison 2019/20 fast um zehn Millionen Euro höher. Daran sieht man den großen Unterschied zwischen den beiden Ligen.“

In der Öffentlichkeit wird auch gerne über das Eigenkapital von Vereinen gesprochen. Welche Zahlen stehen bei uns nach der Saison 2020/21 im Finanzbericht?
Thomas Röttgermann: „Durch den angesprochenen Jahresfehlbetrag sinkt das Eigenkapital des Vereins auf 5,02 Millionen Euro (im Vorjahr 7,03 Millionen Euro). Die Eigenkapitalquote des Vereins erhöht sich dennoch aufgrund der deutlichen Reduzierung der Bilanzsumme auf 17,4 Prozent (30. Juni 2020: 15,8 Prozent). Die Fortuna verfügt trotz der Krise daher weiter über ausreichend Eigenkapital, so dass wir auch weiterhin konsequent unsere Ziele anstreben und positiv in die Zukunft blicken können.“

Apropos Zukunft: Mit Welchem Ergebnis plant die Fortuna für die laufende Saison 2021/22?
Thomas Röttgermann: „Unsere Planungen laufen auf ein positives Ergebnis für das laufende Geschäftsjahr hinaus – sofern die Pandemie uns nicht nochmals durchschüttelt. Das Ergebnis ist natürlich eng mit dem sportlichen Abschneiden und den damit einhergehenden Prämienzahlungen verknüpft. Aber eben auch der weitere Pandemieverlauf wird sich auf das Ergebnis auswirken. So wie eben beschrieben, können wir aber durch unsere Arbeit und die Unterstützung aller Fortunen – Mitgliedern, Gremien, Mitarbeitern, Fans, Sponsoren und Dienstleistern – durchaus optimistisch sein und brauchen uns nicht zu verstecken.“

Eine ausführliche Erläuterung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung finden alle Vereinsmitglieder im Log-In-Bereich zur Mitgliederversammlung.

bundesliga.de

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