07.06.2011 | 1. Mannschaft

Die Neuen der Liga, Teil 3: Der FC Hansa Rostock

Nach einem Jahr Drittklassigkeit ist die Hansa-Kogge wieder "Auf Kurs"

Als Tabellenzweiter der 3. Liga hat der FC Hansa Rostock in der vergangenen Saison die sofortige Rückkehr in die 2. Bundesliga geschafft. Nur zwölf Monate zuvor war der letzte DDR-Meister abgestiegen - leider mit eher unrühmlichen Begleiterscheinungen. Denn am 34. Spieltag gab es bereits vor dem Spiel Ausschreitungen und auch während der Begegnung wurden Feuerwerkskörper gezündet und sogar die eigenen Spieler bedroht und verletzt. Der Tatort: Die Düsseldorfer ESPRIT arena, in der die Fortuna mit einem 3:1-Heimsieg das Schicksal der Rostocker eingeleitet hatte. Auf dem 16. Platz liegend musste Hansa in die Relegation und unterlag dort zweimal dem FC Ingolstadt, so dass der Abstieg besiegelt und Hansa Rostock erstmals in der Vereinsgeschichte drittklassig war...

"Eine perfekte Saison mit einem betrüblichen Ende". So lautete die Überschrift am 9. Mai 2010 auf der Vereinshomepage der Fortuna. Über 37.000 Zuschauer waren zum Saisonfinale der Rot-Weißen gekommen - darunter auch etwa 6.000 Gästefans. Leider waren nicht alle an jenem Nachmittag friedlich gestimmt und gut gelaunt. Während sich die Düsseldorfer Anhänger nach den Treffern von Gaus, Anderson und Harnik über den 13. Heimsieg (bei vier Unentschieden und keiner Niederlage!) und die beste Heimbilanz aller Profi-Mannschaften im deutschen Fußball freuen konnten, herrschte im Rostocker Block - verständlicherweise - blankes Entsetzen. Dabei hatten die Ostdeutschen nach der Hinrunde sogar noch auf Platz 13 mit neun Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz überwintert. Doch die zweitschlechteste Rückrundenbilanz (14 Punkte) sorgte dafür, dass die Mannschaft auf Rang 16 über die Ziellinie kam.

Schon in der Nacht zum Sonntag vor dem Spiel war es zu Ausschreitungen in der Düsseldorfer Altstadt gekommen. Diese gingen während der Begegnung in der Arena weiter, als es sich mit zunehmender Spieldauer angekündigte, dass es für Hansa an diesem Tag wohl kein Entrinnen vor der Relegation geben würde. Aus Frust über die aktuelle Entwicklung im Spiel und die enttäuschenden letzten Monate hatten einige Randalierer zuvor für eine fast 20-minütige Spielunterbrechung gesorgt, in der FIFA-Schiedsrichter Wolfgang Stark kurz vor der Entscheidung stand, die Partie ganz abzubrechen. Dabei war zunächst Hansa-Torhüter Alexander Walke mit einem Feuerwehrwerkskörper verletzt worden. Als zweiter trauriger Zwischenfall wurde wenige Minuten vor Spielende auch der Schiedsrichter-Assistent von einem Gegenstand am Ohr getroffen.

Im Hinspiel am 19. Dezember 2009, das weitaus friedlicher ablief, dafür aber bei heftigem Schneetreiben unter fast irregulären Bedingungen stattfand, hatte es für das Team von Chefcoach Norbert Meier noch eine 1:2-Niederlage (Tor: Martin Harnik) an der Ostsee gegeben.

 

Die Bilanz gegeneinander in 20 Jahren

Insgesamt standen sich beide Clubs in genau 13 Pflichtspielen gegenüber. Einmal gewann die Fortuna in der 3. Rundes des DFB-Pokals in der Saison 1992/93 mit 5:2 nach Elfmeterschießen. Nach 120 Minuten hatte es 2:2-Unentschieden (Tore: Andrzej Buncol und Jörg Albertz) gestanden.
Nur eine Woche zuvor hatte es am 3. Oktober ebenfalls im Rheinstadion ein 1:1 (Tor: Darko Drazic) gegeben. Es war das erste Zweitliga-Duell gegeneinander. Das Rückspiel endete mit 0:0. In der Saison 1991/92 spielten beide Vereine noch gemeinsam in der Bundesliga. An der Ostsee unterlag die Fortuna in allerersten Aufeinandertreffen dem amtierenden "Meister"  (der inzwischen aufgelösten DDR-Oberliga) mit 1:3 (Tor: Sven Demandt) - im Rückspiel hieß es 0:0. Vor allem in den 1990er Jahren folgten noch weitere Duelle in der 1. und 2. Bundesliga. Die Bilanz aus Düsseldorfer Sicht: 2 - 6 - 4. Eines davon war ein ganz besonderes...

 

Ein besonderer Tag und ein besonders Spiel: 100 Jahre Fortuna und ein 3:3

Es war eine große Party an jenem 5. Mai 1995. Auf dem Rathausplatz feierten etwa 10.000 Anhänger der Rot-Weißen das 100-jährige Vereinsjubiläum. Der damalige Haupt- und Trikotsponsor, eine Brauerei vom Niederrhein, spendierte Freibier; durch die Kooperation mit einem privaten Fernsehsender gab es als Rahmenprogramm an jenem frühsommerlichen Freitagabend die Live-Übertragung der Zweitliga-Begegnung Hansa Rostock gegen Fortuna Düsseldorf. Immerhin war dies am 29. Spieltag ein echtes Spitzenspiel zwischen dem Tabellenzweiten und dem Aufsteiger, der unter Trainer Aleks Ristic auf einem beachtlichen fünften Platz nur knapp hinter der Spitzengruppe lag. In einer denkwürdigen Partie trennten sich beide Vereine mit 3:3. Schnell führte das Team von hansa-Trainer Frank Pagelsdorf mit 2:0, ehe kurz vor dem Seitenwechsel Ralf Voigt für die Rot-Weißen verkürzte. Gleich zu Beginn der zweiten Hälfte gelang Torjäger Richard Cyron das 2:2. Eine knappe Viertelstunde vor Schluss brachte Routinier Frank Mill die Flingeraner sogar mit 3:2 in Führung. Während es an der Ostsee auf den Rängen unter den 22.000 überwiegend Rostocker Anhängern merklich ruhiger wurde, verwandelte sich der Düsseldorfer Rathausplatz in ein Tollhaus. Der Jubel kannte keine Grenzen und von der Videoleinwand war im rot-weißen Fahnenmeer sowie aufgrund der tief stehenden Sonnte nicht mehr viel zu sehen. Der Ausgleichstreffer zum 3:3 für die Gastgeber durch ein Eigentor von Thorsten Judt ging beinahe unter. Hansa übernahm damit die Tabellenführung, gab diese bis zum Saisonende nicht mehr ab und stieg zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte in die Fußball-Bundesliga auf. Für die Fortuna war das Remis im ehemaligen Ostseestadion das Startsignal für eine fulminante Aufholjagd mit vier Siegen und einem Unentschieden in der Schlussphase der Saison, so dass am Ende mit dem dritten Platz der Durchmarsch von der Oberliga und damit die Rückkehr in die Bundesliga gelang!

 

Das Auswärtsspiel in Berlin

In der Spielzeit 1995/96 standen sich beide Clubs folglich nach geglücktem Aufstieg im Fußball-Oberhaus gegenüber. Am 4. Spieltag trennten sie sich im Rheinstadion mit 2:2 (Tore: Andre Winkhold und Darko Pancev). Das Rückspiel hat einen eher seltenen Stellenwert in der Geschichte der Fußball-Bundesliga. Denn es fand im Frühjahr 1996 auf neutralem Boden statt. Aufgrund fehlender Rasenheizung im Ostsseestadion mussten die Norddeutschen in ein anderes Stadion ausweichen. Nächstgelegen und ausreichend groß, wurde hierfür das Olympiastadion in Berlin gewählt. Trotz einer beachtlichen Kulisse von 50.183 Besuchern hieß es nach 90 Minuten lediglich 0:0. Für Rostock ein zum damaligen Zeitpunkt herausragender Zuschauerzuspruch - und dies bei einem 230 Kilometer entfernten Bundesliga-"Heimspiel". Am Saisonende verpasste der Aufsteiger aus Mecklenburg-Vorpommern als Tabellensechster nur hauchdünn den Einzug in den UEFA-Pokal (heute Europa League), während die Fortuna auf dem 13. Rang ins Ziel kam.

 

Fotos: Sonja Häusler

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