Mit dem Fahrstuhl von der vierten in die erste Liga ... und zurück
Fortuna mit 12 Auf-, aber 14 Abstiegen in 89 Jahren
Selten standen die Vorzeichen für Fortuna Düsseldorf so gut, wie in dieser Oberliga-Saison. Der Aufstieg in die Regional-Liga scheint greifbar nahe zu sein. Schon heute hat die Truppe von Trainer Massimo Morales 13 Punkte Vorsprung auf die direkten Verfolger. Euphorie macht sich breit am Flinger Broich. Für viele Fans - vorwiegend die jüngeren - ist diese Situation etwas ganz Neues. Vorbei die Zeiten, in denen nur noch gezittert wurde. Vorbei die Zeiten, in denen Ärger, Frust und Wut im Rheinstadion / Paul-Janes-Stadion an der Tagesordnung waren. Vorbei auch die Zeiten, in denen man immer wieder leidvoll eines besseren belehrt wurde, wenn geglaubt wurde, dass es doch schlimmer nicht mehr kommen könne. Es kam schlimmer!!! Fortuna Düsseldorf - eine launische Diva mit einigen Höhen aber leider auch vielen dunklen Momenten in der über 100jährigen Vereinsgeschichte.
Mit Hafermann und Schack in vier Jahren bis zur Spitze
Mit dem Sturz in die Oberliga, die seit der Saison 94/95 nur noch die Viertklassigkeit bedeutet, machte Fortuna im Mai 2002 das Dutzend voll: der zwölfte (sportliche) Abstieg, seit der "Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895 e.V." am offiziellen Spielbetrieb teilnimmt. Damals 1913 vor genau 89 Jahren begannen Franke, Borgardt, Rotthoff, Held, Heinrich Bakkers, Schack, Mingers, Osterling, Hoffmann, Bäumer, Hafermann in der untersten C-Klasse, übrigens damals die vierte Liga...
Es kamen vier Aufstiege in Folge. Zwischen 1914 und 1916 war jedoch kein regulärer Spielbetrieb durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges möglich. Die wenigen Partien aber liefen erfolgreich und verhalfen den Fortunen zu ständigen Höhereinstufungen. Innerhalb von 48 Monaten marschierte der Verein so gleich von der C-Klasse Düsseldorf (A) bis hin zur damals höchsten Liga, der Kriegs-A-Klasse Düsseldorf. Damit waren gleich drei Aufstiege in nur vier Jahren geschafft.
1919: Der grüne Tisch spielt Schicksal
1919 ordnete der westdeutsche Spielverband die Klassen neu, und ("natürlich") rutschte Düsseldorf in die nächsttiefere Klasse, "obwohl", wie eine Festschrift von 1925 schreibt, "Fortuna damals an dritter Stelle auf gleicher Stufe mit dem Zweiten (Viktoria) und v o r Union und Sportverein 04 stand, die jedoch alle der Fortuna vorgezogen wurden. Durch die Härte musste Fortuna zweifellos zu Unrecht in die A-Klasse." Ein Abstieg am grünen Tisch!
...dem aber nur zwölf Monate später die souveräne sportliche Korrektur folgte: Meister mit 31:5 Punkten und 67:14 Toren. Vierter Rang in der Aufstiegsrunde des Bergischen Kreises hinter Sonnborn, Eppenhausen und Elberfeld. Wieder Neuordnungen beförderten Fortuna endlich in die erste Klasse zurück. "Kreisliga Düsseldorf" hieß das Höchste der Gefühle. Vier davon gab es im Bezirk ("Gau") Berg/Mark. Die besten Teams davon ermittelten die Teilnehmer an der Endrunde um die westdeutsche, später um die deutsche Meisterschaft. Die Elf aus Flingern gehörte nicht dazu, verabschiedete sich als Vorletzter trotz positiver Torbilanz (18:17) aus der Liga. Wieder zweitklassig, wieder abgestiegen.
Für die Fans glich das einer Achterbahnfahrt:
1913/14 | Start in der vierten Liga |
1914/15 | drittklassig |
1915/16 | zweitklassig |
seit 1917 | erstklassig |
1919 | Abstieg in die zweite Liga am grünen Tisch |
1920 | Aufstieg in die erste Liga |
1921 | Abstieg in die zweite Liga |
Das sind sechs Spielklassenwechsel in gerade acht Jahren. Damals hielt sicherlich kein Fortuna-Fan es für möglich, dass sich das auch nur im Entferntesten wiederholen könnte...
Deutscher Meister nach vielen Neuordnungen
Manchmal zieht ein Abstieg ja einen direkten Wiederaufstieg nach sich, so auch 1922: "Aufstieg, Aufstieg" schallte es durch das Stadion an der Vennhauser Allee, Fortunas damaliger Spielstätte, nach dem 7:1 gegen den VfB 10 Düsseldorf im Mai 1922. Endlich waren die Rot-Weißen wieder in der Premier League des deutschen Fußballs angekommen, die zu dem Zeitpunkt schlicht "Gauliga Berg/Mark" hieß, zwischen 1925 und 1929 "Bezirksklasse Bergisch/Mark", bis 1933 "Bezirksliga Berg/Mark" und dann bis 1944/1945 "Gauliga Niederrhein", im letzten Jahr aufgrund der schwierigen Verhältnisse abgebrochen und durch eine improvisierte und nicht beendete Kriegsmeisterschaft, an der Fortuna in der Bezirksklasse Düsseldorfs teilnahm, ersetzt. Nur für zwölf Monate 1942/43 stieg die Truppe um Kruxius, Pickartz, Beckers, Heinzen und Teerhorst in die "Niederungen" der Zweitklassigkeit ab, die ja heute gar nicht mehr so "nieder" erscheint. Doch trotz der ständigen, kriegsbedingten Spielernot sprang am Ende die Meisterschaft heraus, nur einen Punkt vor BV 04. Höchster Sieg war übrigens ein 12:0 (3:0) gegen Ratingen...
In diese Epoche zwischen 1933 und 1945 unter den Trainern Heinz Körner und Karl Flink fielen eine Deutsche Meisterschaft, ein zweiter Rang sowie das Erreichen des deutschen Pokalfinales.
Legende Oberliga West
Dann kam die "Stunde Null", die völlige Neuordnung der deutschen Gesellschaft, dem auch der Fußball sich nicht verschloss. Bis zur Gründung der legendären Oberliga West gingen die Spiele für die Flingerer zunächst in der Stadtliga Düsseldorf, dann der Bezirksliga Berg/Mark über die Bühne. Höher ging es nicht. 1946/47 gab es als Belohnung für die Meisterschaft sogar die Qualifikation für die Niederrhein-, später gar für die Zonenmeisterschaft der britischen Zone. Hier war aber noch vor dem Viertelfinale Feierabend.
Ab 1947 spielte Fortuna Düsseldorf bis auf zwei Unterbrechungen durchweg in der höchsten deutschen Spielklasse, der Oberliga West. 1949/50 und 1960/61 stieg der Klub für jeweils ein Jahr in die zweite Liga West ab, schaffte aber mit den Trainern Paul Janes (1950) und Fritz Pliska (1961) den sofortigen Wiederaufstieg. Nur die Einführung der Bundesliga beendete die Zeit der Erstklassigkeit. Aber wieder einmal Paragraphen und Statuten, gepaart mit eigener Unzulänglichkeit, schubsten Fortuna in Liga zwei, die seit 1963 "Regionalliga" hieß.
Wieder in Liga vier, zurück zu den Wurzeln
Das kurze Gastspiel in der Beletage 1966/67 war spätestens 1971 vergessen, als endlich der Durchbruch gelang: Bundesliga, UEFA-Cup, zwei Pokalsiege, Basel, viele Nationalspieler... danach ging das Elend los. 1987 folgte der vorher schon oft drohende Abstieg in die zweite Liga. 1989 hieß es dann wieder "Aufstieg", dem 1992 und 1993 der Absturz bis in die dritte Spielklasse (Oberliga Nordrhein) folgte.
Danach wissen die meisten Fortuna-Anhänger noch sicherlich, was kam: in zwei Jahren die Rückkehr ins Oberhaus, nach zwei weiteren der Fall in die zweite, dann sogar in die dritte, heute genannt "Regional"-Liga. Konnte die Fortuna sich hier nach dem ersten Jahr der Zugehörigkeit noch am "grünen Tisch" retten, stand nur ein Jahr später der erneute Fall an. Fortuna stand kurioser Weise genau da, wo die Ur-Elf vor 89 Jahren begonnen hatte: vor dem Abstieg in die Viertklassigkeit "Back to the roots - zurück zu den Wurzeln"!
Im Überblick:
Seitdem Fortuna Düsseldorf offiziell am deutschen Spielbetrieb teilnimmt, stieg der Verein insgesamt vierzehn Mal ab. Zweimal (1919 und 1963) hatte dies der grüne Tisch zu verantworten, einmal half er den Düsseldorfern (2001). Dem stehen nur zwölf Aufstiege gegenüber, der erste 1914, der vorerst letzte 1995. Ob 2004 ein weiterer hinzu kommt?
Die Ligazugehörigkeit im Überblick:
1913-1914 |
C-Klasse Düsseldorf |
1914-1915 | B-Klasse Düsseldorf |
1915-1916 | A-Klasse Düsseldorf |
1916-1917 | (nicht ausgetragen) |
1917-1919 | Kriegs-A-Klasse Düsseldorf |
1919-1920 | A-Klasse Düsseldorf |
1920-1921 | Kreisliga Düsseldorf |
1921-1922 | Kreisliga Düsseldorf |
1922-1925 | Gauliga Berg/Mark |
1925-1929 | 1.Bezirksklasse Berg/Mark |
1929-1933 | Bezirksliga Berg/Mark |
1933-1942 | Gauliga Niederrhein |
1942-1943 | 1.Klasse (Bezirksklasse) |
1943-1944 | Gauliga Niederrhein |
1944-1945 | Bezirksklasse Düsseldorf, Staffel 1 |
1945-1946 | Stadtliga |
1946-1947 | Bezirksliga Berg/Mark |
1947-1949 | Oberliga West |
1949-1950 | 2.Liga West |
1950-1960 | Oberliga West |
1960-1961 | 2.Liga West |
1961-1963 | Oberliga West |
1963-1966 | Regionalliga West |
1966-1967 | 1.Bundesliga |
1967-1971 | Regionalliga West |
1971-1987 | 1.Bundesliga |
1987-1989 | 2.Bundesliga |
1989-1992 | 1.Bundesliga |
1992-1993 | 2.Bundesliga |
1993-1994 | Amateuroberliga Nordrhein |
1994-1995 | 2.Bundesliga |
1995-1997 | 1.Bundesliga |
1997-1999 | 2.Bundesliga |
1999-2000 | Regionalliga West/Südwest |
2000-2002 | Regionalliga Nord |
Seit 2002 | Oberliga Nordrhein |
(Gernot Speck / Christian Zeelen)