Dr. Reinhold Ernst tritt zurück
Aufsichtsratsvorsitzender legt seine Ämter nieder
Dr. Reinhold Ernst hat am Montagabend völlig überraschend seinen Rücktritt vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden erklärt. Bei der turnusgemäß einberufenen Mitgliederversammlung legte der Jurist auch sein Mandat in dem Kontrollgremium der Fortuna nieder. Die vorgesehenen Nachwahlen für den Aufsichtsrat, bei denen zwei Positionen neu besetzt werden sollten, entfielen. Im Vorfeld, aber auch in Folge der Entscheidung von Dr. Ernst, hatten vier der sechs Bewerber ihren Rückzug erklärt. Ebenfalls nicht durchgeführt wurden die Wahlen für den Wahlausschuss.In den kommenden Wochen werden die Mitglieder des Vereins erneut zusammen kommen, um in einer dann außerordentlichen Mitgliederversammlung den Aufsichtsrat als auch den Wahlausschuss neu zu mandatieren.
Eigentlich hatte die Mitgliederversammlung einen ganz normalen Anfang genommen, als Dr. Reinhold Ernst die Versammlungsleitung in der Heinrich-Heine-Gesamtschule übernahm. Die Ankündigung, die Auszähl-Pausen der anstehenden Wahlen mit Fragen der Mitglieder an die sportliche Leitung zu überbrücken, sorgte indes für ein erstes Raunen im Publikum. Es sollte nicht das Letzte bleiben.
Zunächst gab es einen Rückblick auf die vergangenen 12 Monate durch den Vorstandsvorsitzenden Peter Frymuth. Im Mittelpunkt standen dabei der aktuelle Kader und die sportlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Vereins. Frymuth unterstrich das Bemühen aller Beteiligten, durch Kontinuität das Vorjahresergebnis zu verbessern. Fortuna war bekanntlich knapp am Aufstieg in die 2. Bundesliga gescheitert. Der aktuelle Saisonverlauf bestätigt diese Entscheidung, da Fortuna seit geraumer Zeit auf einem der Aufstiegsplätze vertreten - oder wie derzeit - zumindest auf Tuchfühlung ist. "Es wird in den kommenden Wochen sehr wichtig sein, sich ausschließlich auf die sportlichen Dinge zu konzentrieren", fasste Frymuth die derzeitige Lage zusammen, "wenn man will und ich gehe davon aus, dass die Mannschaft will, dann ist das Aufstiegsziel noch erreichbar."
Weiterhin fanden im Bericht des Vorstandsvorsitzenden auch die vielfach in der Öffentlichkeit diskutierte Vereinbarung mit der LTU arena ("Eine unabdingbare Voraussetzung für die Zweite Liga und darüber hinaus") und die Gewinnung des ersten Premium-Sponsors des Vereins, die SYSTAIC AG, Erwähnung. Durch den Einstieg des Düsseldorfer Unternehmens, das gleichzeitig Namenspatron für das neue Jugendleistungszentrum werden wird, "ist der richtige Weg gewählt, um junge Fußballer an die Fortuna heranzuführen und qualitativ mit anderen Standorten mithalten zu können."
Abschließend ging Peter Frymuth nochmals auf die aktuelle Tabellensituation in der 3. Liga ein und drückte seine Hoffnung aus, "dass zwei Punkte und fünf Tore Rückstand auf einen Relegationsplatz in den noch ausstehenden fünf Spielen mit Leidenschaft und der Unterstützung der Fans wettgemacht werden können."
Darauf begab sich Werner Sesterhenn ans Rednerpult. Wie immer wusste der Finanzchef der Fortuna das umfängliche Zahlenwerk, das nicht gerade zu den unterhaltsamen Teilen einer solchen Versammlung gehört, transparent darzustellen. Deutlich wurde dies bei den Erläuterungen von Positionen der Kurzbilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung. Vor allem hinsichtlich der Veränderungen im Personaletat der Fortuna wusste Sesterhenn die Worte von Peter Frymuth zu untermauern und in direkten Zusammenhang mit den Veränderungen in den Zahlungsbewegungen einzelner Etatpositionen zu verdeutlichen. Im Detail hob Sesterhenn insbesondere die Verpflichtungen und Abgeltungen gegenüber der Betreibergesellschaft der LTU arena hervor, die summa summarum bereits eine erste Entschuldung des Vereins nach sich zog und dies auch nachhaltig ziehen wird. Die vom DFB geforderten Auflagen und Bedingungen - sowohl für die 2. Bundesliga und die 3. Liga - seien zwar erfüllt, doch warnte Sesterhenn zugleich: "Es ist vor allem zu erwähnen, dass der Verein sich beim Minuskapital zum Ende des Kalenderjahres 2009 nicht verschlechtern darf." Im Falle eines Nichtaufstiegs seien Einsparungen in sämtlichen Ausgabenbereichen notwendig. Dies betreffe insbesondere die Personalaufwendungen für die Erste Mannschaft als auch die Spieltagkosten. Daher sei eine stärkere Unterstützung durch die Düsseldorfer Wirtschaft weiterhin ausdrücklich wünschenswert.
Werner Sesterhenn hob lobend die erfolgreiche Arbeit in der Mitgliedergewinnung und des Nachwuchses hervor, bedankte sich ausdrücklich bei den Initiatoren der Aktion 25.000+, aber auch "den wenigen hauptamtlichen und den zahlreichen ehrenamtlichen Mitstreitern mit denen wir unsere Aufgaben bewältigen." Als Sesterhenn sich zum Abschluss des Zitats von Campino bediente, nach dem "Jeder an irgend etwas glauben sollte - und wenn es Fortuna Düsseldorf ist." - womit das Vorstandsmitglied in aller Bescheidenheit auf die bestehenden Möglichkeiten anspielen wollte - war ihm der Applaus der Anwesenden sicher.
Im dritten Themenblock sprach Dr. Reinhold Ernst über die Arbeit des Aufsichtsrates seit der letzten Mitgliederversammlung. Es habe neben regelmäßigen Sitzungen und Telefonkonferenzen einen intensiven Austausch innerhalb des Gremiums, aber auch mit dem Vorstand und der der sportlichen Leitung gegeben. Wesentliche Aufgabenbereiche waren dabei die Themen Finanzen, Marketing und sowie die "Sportwelt". "Die eigentlichen Verhandlungen hierzu habe ich alleine geführt", betonte Dr. Ernst, der die Kooperation im Nachhinein als "lähmend für die Sponsoren-Gewinnung" bezeichnete. Mit der nun getroffenen Vereinbarung habe man eine erhebliche Verbesserung, die sich im Millionenbereich bewegt, für die Fortuna erzielt. Auch die Markenrechte konnten, so Dr. Ernst weiter, "für einen ganz, ganz kleinen Betrag" wieder zurück gewonnen werden. Ferner sei die Überkreuzbeteiligung zwischen Fortuna und Sportwerbegesellschaft nicht mehr gegeben. Perspektivisch sei es für die Gesamtlage wichtig, dass der Aufsichtsrat "auch das Thema Arena grundlegend neu verhandelt."
Danach erfolgte die bereits zuvor angekündigte persönliche Erklärung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden: "Aus verschiedenen Gründen, und auch weil sich im Vorfeld dieser JHV Kandidaten geäußert haben, wen sie unterstützen wollen, möchte ich mitteilen: Ich habe immer versucht für Fortuna das Beste herauszuholen und bin mit sehr viel Schwung und Enthusiasmus an die Sache herangegangen. Dass es dabei Widerstände gibt, damit muss man rechnen. Ich konnte aber nicht damit rechnen, wie massiv gegen Veränderungen gearbeitet wurden. In den Kernkompetenzen - auch bei Gesprächen mit Sponsoren - wurde ich nicht mit einbezogen. Unter den jetzigen Umständen bin ich nicht mehr bereit, das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden fortzuführen und werde nach dieser Sitzung mein Mandat niederlegen."
Diese Entscheidung sorgte im Plenum für große Überraschung als auch offenkundige Betroffenheit. Neben großem Beifall, den Dr. Ernst von den Mitgliedern für seine bis dato geleistete Arbeit erhielt, wurden auch deutliche Unmutsäußerungen laut, die der gerade Zurückgetreten jedoch zu beschwichtigen versuchte. Auch ein Appell von Ehrenpräsident Hans-Georg Noack, selbst lange Jahre in den Führungsgremien des Vereins tätig, die Amtsniederlegung zu überdenken, konnte an diesem Tag keinen Sinneswandel bei Dr. Reinhold Ernst hervorrufen.
Kurze Zeit später - nach dem Bericht der Kassenprüfer - kam es zur Beschlussfassung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Nicht en bloque, wie in früheren Jahren üblich, sondern - auf ausdrücklichen Antrag der Mitglieder - per Einzelabstimmung erfolgte das anschließende Votum über die Arbeit des Vorstandes.
Peter Frymuth wurde mit 159 Ja-Stimmen, 66 Nein-Stimmen und 95 Enthaltungen entlastet. Werner Sesterhenn erhielt ein klares Votum für die Entlastung, wie auch Thomas Allofs die Mehrheit erhielt. Hermann Tecklenburg konnte 79 Ja-Stimmen auf sich vereinen, bei 95 Enthaltungen und 128 Nein-Stimmen. Somit wurde er nicht entlastet.
Auch die Abstimmung über die Entlastung des Aufsichtsrates erfolgte auf Wunsch der Versammlung in Einzelabstimmung.
Dr. Reinhold Ernst wurde ohne Gegenstimme entlastet. Die Mitglieder Dr. Dagmar Starke, Dieter vom Dorff, Michael Hahn, Dr. Dirk Kall, Marcel Kronenberg und Ralf Wihr als auch die ausgeschiedenen Mitglieder des Aufsichtsrates, Joachim Erwin (+), Jürgen Marbach und Wolfgang Vieten erhalten ebenfalls durchgängig die Entlastung. Lediglich Dr. Heinrich Pröpper verweigerte die Mitgliederversammlung die Entlastung zum jetzigen Zeitpunkt.
Die an diesem Abend eigentlich angesetzten Wahlen für zwei Plätze des Aufsichtsrates wurden auf Antrag des Wahlausschuss-Vorsitzenden Holger Dietz durch mehrheitliche Zustimmung der Anwesenden verschoben. Der Grund hierfür: Mit Kersten Michael Spayer und Michael Müller hatten bereits zwei von sechs Kandidaten am Freitag bzw. im Laufe des Montags ihre Kandidaturen zurückgezogen.
Kurz vor der eigentlichen Abstimmung in der Heinrich-Heine-Gesamtschule erklärten auch die beiden vom Wahlausschuss als besonders empfohlenen Kandidaten Frank Tölle und Georg Koch unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse ihren Rückzug. Konkret bedeutet dies, dass die Mitglieder der Fortuna Düsseldorf in den kommenden Wochen erneut zusammenkommen werden, um in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die vakanten Plätze des Aufsichtsrates zu besetzen. Der genaue Zeitpunkt wird über die Medien der Fortuna als auch durch die lokalen Medien bekannt gegeben.
Auch die Wahl des Wahlausschusses wurde auf Antrag verschoben und ist somit ebenfalls bei der kommenden Versammlung auf der Tagesordnung wiederzufinden.
Nachdem die sportliche Leitung mit Manager Wolf Werner und Chefcoach Norbert Meier sich noch den Fragen der Mitglieder zur aktuellen Situation der Mannschaft gestellt hatte, folgten unter der Rubrik "Verschiedenes" die Anträge, die im Vorfeld der Versammlung von Mitgliedern gestellt und allesamt angenommen wurden. Eine besondere Rolle nahm dabei die Satzungsänderung ein, nach denen Veränderungen von identitätsstiftenden Merkmalen von Fortuna Düsseldorf einer 4/5-Mehrheit in einer Mitgliederversammlung bedürfen.