Fortunas einziger Einzelweltmeister wäre heute 100 Jahre alt
Erinnerungen an den Gewichtheber Georg Liebsch
Am 5. April 1911 erblickte er in Düsseldorf das Licht der Welt. Die Floskel, dass das Gewichtheben ihm in die Wiege gelegt worden war, ist nicht deplatziert, wächst Liebsch doch zu einem kleinen, aber äußerst kräftigen jungen Mann heran. Liebsch erkennt früh sein Talent und schließt sich mit 18 Jahren der damaligen Kraftsportabteilung der Fortuna an, die vier Jahre zuvor aus dem "Kraftsportverein 1920" hervor gegangen war.
Schon drei Jahre später, 1932, startet Liebsch bei den Deutschen Meisterschaften und erlangt prompt den zweiten Platz. Schnell dominiert Liebsch die Konkurrenz im Federgewicht (bis 60 Kilo), insbesondere im beidarmigen Drücken und wird in dieser Disziplin 1935 erstmals Weltrekord-Halter (93,5 Kilogramm). Der Düsseldorfer qualifiziert sich für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, erreicht dort aber "nur" den fünften Rang. Doch schon ein Jahr später sollte der Gewichtheber nicht mehr zu schlagen sein. Bei den Weltmeisterschaften in Paris lässt er sämtliche Konkurrenten deutlich hinter sich und wird Weltmeister. Im Jahr darauf verteidigt er den Titel, zu diesem Zeitpunkt allerdings in Diensten des KSV Essen. In den gleichen Jahren wird Liebsch auch Deutscher Meister, ehe der Zweite Weltkrieg seiner Karriere ein jähes Ende setzt. Der Weltmeister muss in den Krieg ziehen und gerät in russische Gefangenschaft, aus der er erst 1949 wieder nach Düsseldorf Heim kehren darf.
Ende 2009 erreichte die Fortuna ein Brief aus Berlin-Blankenfelde. Absender Helmut Werner schrieb darin, er sei auf der Suche nach Georg Liebsch, jenem Mann, mit dem er im georgischen Kutaissi in sowjetischer Gefangenschaft war. "Schorsch", wie Werner den Gewichtheber Liebsch in seinen Erinnerungen nennt, arbeitete als Tischler im Sägewerk des Lagers. Keiner der Insassen wusste um Liebschs Weltmeister- und Olympia-Ehren. Nur durch einen Zufall und seine große Hilfsbereitschaft kam Liebschs ungewöhnliche Stärke samt seinem "Geheimnis" ans Tageslicht. Fortan trainiert Liebsch seine Mitgefangenen unter Duldung der russischen Offiziere mit selbst hergestellten Hanteln. Als Werner und Liebsch 1949 die lang ersehnte Freiheit erlangten, trennten sich auch die Wege des Rheinländers und des Berliners. Helmut Werner schriebt, er halte Liebsch bis heute als "bescheidenen, ruhigen und angenehm zurückhaltenden Kameraden" in Erinnerung.
Auch nach seiner Rückkehr nach Düsseldorf blieb Liebsch seiner Passion treu und errang auf Landesebene weitere Erfolge. Seine gesunde uns starke Physis erlaubten es ihm sogar, trotz der harten Jahre, die er durchleben musste, ein gesegnetes Alter von 87 Jahre zu erreichen: Am 10. November 1998 verstarb Georg Liebsch in Düsseldorf.
Zu seinem heutigen Ehrentag gedenkt Fortuna Düsseldorf Georg Liebsch als einem der ganz Großen der Vereinsgeschichte.