21.06.2011 | Verein

Heute vor 75 Jahren: Fortuna steht im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft!

Vize-Meister nach einem unglücklichen 1:2 gegen den 1. FC Nürnberg

Die großen Auftritte und Erfolge auf der nationalen und internationalen Fußball-Bühne liegen bei der Fortuna - gelinde gesagt - schon einige Jahr(zehnt)e zurück. Vermutlich kennen die meisten Anhänger die Triumphe im DFB-Pokal, Siege im Europapokal oder gar in der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft nur aus Ton-, Wort- und Bildaufzeichnungen. Auch das Finale der Saison 1935/36 gehört ganz bestimmt dazu. Und dieses war ein denkwürdiges Endspiel an jenem 21. Juni 1936, als die Fortuna in einer dramatischen Begegnung nach 120 Minuten dem 1. FC Nürnberg im Berliner Poststadion mit 1:2 unterlag. Schauen wir einmal zurück.

Um den Stellenwert zu verdeutlichen, den der Verein in den 1930er Jahren im deutschen Fußball innehatte, sei zunächst aus dem Buch "Alles andere ist nur Fußball" (*) zitiert, in dem es heißt: "Aufgrund ihrer attraktiven Spielweise und ihrer Erfolge zählte Fortuna Düsseldorf in den 1930er Jahren nicht nur zu den gefragtesten, sondern auch zu den beliebtesten Mannschaften. Im September 1936 veranstaltete Hertha BSC eine Umfrage ...: ‘Welche Mannschaft möchten Sie gerne auf dem Platz von Hertha BSC Berlin sehen‚? Hinter den Teams aus Wien, Nürnberg und Schalke erhielten die Flingerer die vierthöchsten Sympathiewerte. Auch bei den Ligakonkurrenten sorgten die Fortunen stets für volle Stadien." Es kann also durchaus mit Fug und Recht gesagt worden, dass die Rot-Weißen damals eine echte Hausnummer im deutschen Fußball waren!

 

Der Weg ins Endspiel

Dank ihrer guten Spielanlage, manche sprechen in diesem Zusammenhang auch gerne von einer gewissen Kultur, sicherte sich die Mannschaft mit dem großen "F" auf der Brust in der Gauliga Niederrhein souverän vor dem VfL Benrath (der mit seinen Nationalspielern Josef Rasselnberg und Karl Hohmann zu jener Zeit eine starke Kraft im Düsseldorfer Fußball und über die Stadtgrenzen hinaus war) den ersten Platz und damit die Teilnahme an der Meisterschaftsendrunde.

In dieser spielten die 16 Meister der Gauligen Deutschlands im April und Mai 1936 in vier Gruppen die Halbfinalteilnehmer aus. Am 7. Juni standen sich im (aus heutiger Sicht) "Duell der Altmeister" der 1. FC Nürnberg und der FC Schalke 04 gegenüber. Die Franken gewannen in der Adolf-Hitler-Kampfbahn (heute Mercedes-Benz-Arena) in Stuttgart mit 2:0 und durchbrachen damit die Dominanz der Gelsenkirchener, die in den letzten drei Jahren immer das Finale erreicht hatten (und 1933 bekanntlich der Fortuna mit 0:3 unterlagen!).

Im anderen Semifinale bezwangen die Rot-Weißen - die sich in der Vorrunde souverän gegen den FC Hanau 93, den SV Waldhof 07 (Mannheim) und den Kölner CfR (heute VfL Köln 1899) durchgesetzt hatten -  die Überraschungsmannschaft aus Schlesien, Vorwärts RaSpo Geiwitz, in Dresden mit 3:1. Nach einem 0:1-Pausenrückstand drehte die Elf von Trainer Karl Höger im zweiten Durchgang auf und kam nach Treffern von Felix Zwolanowski, Josef Nachtigall, Stanislaus "Tau" Kobierski zu einem 3:1-Erfolg. Die zweite Teilnahme am Endspiel um die Deutsche Fußball-Meisterschaft der Vereinsgeschichte war perfekt!

 

"Fortuna" war gegen Fortuna

So titelte am Tag nach dem Finale am 21. Juni 1936 die "Sport-Rundschau" das Aufeinandertreffen der beiden Clubs, die sich erst wenige Monate zuvor noch in einem Freundschaftsspiel begegnet waren. Damals hatte die Fortuna mit 2:0 die Oberhand behalten. Immerhin hatten die Rot-Weißen noch immer acht Meisterspiele von 1933 in ihren Reihen. Fast 50.000 Zuschauer - darunter viele Anhänger, die mit Sonderzügen aus Franken und dem Rheinland angereist waren - fanden sich bei sengender Hitze im Poststadion ein, welches heute als Baudenkmal, wenn auch in einem etwas maroden Zustand, an seine ruhmreiche Vergangenheit mit den beiden Fußball-Endspielen von 1934 und 36 erinnert. Die Nürnberger waren leicht favorisiert, doch auf dem Platz dominierten zunächst die Kicker in den weißen Hemden und roten Hosen. Bereits in der dritten Spielminute erzielte Nachtigall das 1:0 für die Fortuna. In der Folgezeit lag ein zweiter Düsseldorfer Treffer eher in der Berliner Luft als der Nürnberger Ausgleich. Und doch gelang er den Franken noch vor der Pause durch Eiberger - 1:1. Im zweiten Durchgang waren die Flingerer weiterhin spielbestimmend, versäumten es jedoch mit dem zweiten Treffer für eine wahrscheinliche Vorentscheidung zu sorgen. Oft stand ihnen aber auch der Nürnberger Schlussmann Köhl mit seinen Paraden im Weg. Somit ging es in die Verlängerung. In der ersten Hälfte traf Edmund Czaika für die Fortuna, aber aus Abseitsstellung - kein Tor. Es kam die 120. Spielminute, der Stadionsprecher wies die Besucher bereits auf das anstehende Wiederholungsspiel in Köln hin, als sich der Nürnberger Gußner aus 30 Metern ein Herz nahm und ... der Ball im rechten oberen Winkel des Düsseldorfer Tores landete. Während der "Club" den Gewinn seiner sechsten (!) deutschen Meisterschaft (nach 1920, 21, 24, 25 und 27) feierte, haderten die Düsseldorfer mit der Übellaunigkeit der gleichnamigen Glücksgöttin und Namenspatronin des Vereins. Der Sportjournalist Dr. Friedebert Becker (und spätere Chefredakteur beim kicker Sportmagazin) schrieb am nächsten Tag im Münchner "Fußball" über das Geschehen: "Ein Sieger - zwei Meister". Dennoch wird die Mannschaft zwei Tage später bei ihrer Ankunft in Düsseldorf frenetisch gefeiert, dass sich manch einer der Spieler an den Titelgewinn drei Jahre zuvor erinnert fühlte ("Es war schlimmer und schöner als 1933, als wir die Meisterschaft mitbrachten"). Bis heute war es das letzte Mal, dass Fortuna Düsseldorf so nah am Gewinn der Deutschen Meisterschaft war. (ah)

 

Fortuna Düsseldorf spielte an jenem 21. Juni 1936 gegen den 1. FC Nürnberg mit folgender Mannschaft:

Pesch - Janes, Bornefeld, Mehl, Bender, Czaika, Albrecht, Wigold, Nachtigall, Zwolanowski, Kobierski.

 

* Herausgeber Michael Bolten / Marco Langer, Verlag Die Werkstatt GmbH, Düsseldorf 2005.

 

Die Fotos wurden freundlicherweise von Vereinsarchivar Marco Langer zur Verfügung gestellt!

 

Quellennachweis:

Bild 1: Spielszene Finale 1: Deutsches Historisches Museum, Bildarchiv, DHM GmbH, Berlin, Foto: Schirner.

Bild 2: Mannschaftsfoto 1: Postkarte ohne Angabe eines Fotografen

Bild 3: Spielszene Finale 2: Foto-Brusch, Gelsenkirchen

Bild 4: Mannschaftsfoto 2: Postkarte mit der Angabe "Fortuna", Düsseldorf

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