5:5 - die rasante Achterbahnfahrt in Braunschweig
Yesterday - das letzte Duell in der 3. Liga war nichts für schwache Nerven
Spiele der Fortuna sind eigentlich immer etwas Besonderes - ob zu Hause oder auswärts. Allein die jüngsten drei Zweitliga-Begegnungen, die allesamt mit 4:2 gewonnen wurden, hatten an knisternder Spannung und großer Unterhaltung einiges zu bieten. Und zu guter Letzt durfte schließlich gegen Karlsruhe, in Aue und gegen Cottbus immer gejubelt werden, nachdem zuvor manch ein Fan mit den Rot-Weißen um den Erfolg bangte. Doch wer denkt, dies sei schon das höchste der Gefühle, was die Fortuna an Dramatik zu bieten hat, der täuscht sich gewaltig. Denn am 10. Mai 2009 stockte allen Zuschauern in Braunschweig während der gesamten 90 Minuten der Atem - und am stand es 5:5 in einem Spiel, das mit einem Torfestival von zehn Treffern, acht Gelben Karten und drei Elfmetern, davon zwei nicht verwandelt, ein Kapitel Fußballgeschichte geschrieben hatte!
Es war ein frühsommerlicher Sonntagnachmittag, als die Fortuna an jenem 35. Spieltag in der 3. Liga bei der Eintracht zu Gast war. Bei angenehmen Temperaturen wurde den 14.500 Zuschauern - darunter mehrere Tausend mitgereiste Anhänger aus Düsseldorf - mehr als einmal heiß und kalt und dann beides zugleich; denn beide Mannschaften schickten sie permanent durch diverse Wechselbäder der Gefühle - immer irgendwo zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Aber der Reihe nach.
Die Ausgangslage sah vor dem 35. Spieltag so aus: Die Fortuna lag vier Spieltage vor dem Saisonende auf dem vierten Platz mit zwei Punkten Rückstand auf Paderborn (2.) und Unterhaching (3.). Die Ostwestfalen belegten somit hinter dem souverän führenden Spitzenreiter Union Berlin den direkten Aufstiegsplatz, die Süddeutschen den Relegationsrang. Braunschweig hatte als Tabellenzwölfter nur noch geringe Abstiegssorgen - bei 8 Punkten über dem Strich, der am Saisonende zwischen Dritt- und Viertklassigkeit unterscheiden sollte.
Beim Team von Chefcoach Norbert Meier fehlte in diesem wichtigen Spiel verletzungsbedingt Abwehrchef Jens Langeneke. Am Spielfeldrand musste er mitansehen, wie es bereits nach 45 Sekunden im Düsseldorfer Gehäuse einschlug - 1:0! Die Mannschaft zeigte sich aber keineswegs geschockt. Nur zehn Zeigerumdrehungen weiter wurde Sebastian Heidinger im Strafraum gefoult - Elfmeter. Dieser wurde noch von Fortunas Mittefeldregisseur Marco Christ eiskalt zum Ausgleich verwandelt. Nur zwei Minuten später erzielte Ranisav Jovanovic mit einem Flachschuss sogar die 2:1-Führung! Doch wiederum nur wenige Minuten später ertönte auf der anderen Seite des Spielfeldes der Pfiff des Schiedsrichters mit dem unmissverständlichen Fingerzeig auf den ominösen Punkt im Düsseldorfer Strafraum: Elfmeter für die Eintracht. Doch diesmal zeigte sich Fortuna-Schlussmann Michael Melka gegen den Braunschweiger Deniz Dogan als der Mann mit den besseren Nerven und parierte. Bis kurz vor der Pause geschah nicht mehr allzu viel, doch dann pfiff Schiedsrichter Daniel Siebert erneut einen Strafstoß für die Gastgeber. Und noch einmal konnte Melka den Elfmeter abwehren - diesmal hieß der Schütze Mirko Boland. Halbzeitpause. Die ersten 45 Minuten hatten also schon manch einen Anhänger an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht. Aber es sollte schließlich noch ein zweiter Durchgang folgen...
Und der begann mit der etwas abgewandelten Redensweisheit, dass aller schlechten Dinge 3 sind. Denn zum dritten Mal in dieser Begegnung gab es einen Foulelfmeter für die Gastgeber, und zum ersten Mal musste sich Melka geschlagen geben. Christian Lenz, der sich als Dritter versucht hatte, traf zum 2:2-Ausgleich. Dann überschlugen sich die Ereignisse, denn es folgen drei irre Minuten in diesem irrwitzigen Fußballspiel. Nur wenig später traf Andreas "Lumpi" Lambertz zur abermaligen Führung für die Flingeraner. Aber keine 60 Sekunden danach glich erneut Lenze zum 3:3 aus, das wiederum eine Minute später durch Claus Costa mit dem Treffer zum 3:4 beantwortet wurde! Doch jedem der Anwesenden war da längst klar, dass dies wohl nicht das Endresultat sein würde.
Tatsächlich schlugen die Niedersachsen noch einmal zurück und erzielten in der 62. Spielminute durch Boland, der damit seinen verschossenen Elfmeter ein wenig korrigierte, das 4:4. In der Schlussphase hatten die mitgereisten Düsseldorfer Anhänger den Torschrei auf den Lippen, doch ein Freistoß von Marco Christ klatschte an die Querlatte des Braunschweiger Tores. Dann waren nur noch wenige Minuten zu spielen, als sich erneut Christ bei einem Freistoß den Ball zurechtlegte, den Ball über die Abwehrmauer zirkelte, so dass der Ball in Richtung Tor segelte ... segelte ... und segelte ... Toooor! Das 5:4 bedeutete die vierte Führung für die Fortuna in diesem Spiel. Das müsste doch reichen? Nein! Beinahe mit dem Schlusspfiff schafften die Braunschweiger nach einer Ecke noch den Ausgleich zum 5:5-Endstand...
Was da aber noch niemand auf Düsseldorfer Seite bei aller Enttäuschung über den vergebenen Dreier erahnen konnte: Am Saisonende sollte dieses Spiel in Braunschweig die Erkenntnis bringen, dass bei diesem verrückten 5:5-Unentschieden ein ganz wichtiger Punkt gewonnen und glücklicherweise nicht zwei Zähler verschenkt wurden. Somit galt bei Fortuna Düsseldorf endlich mal wieder der Spruch: Alles wird gut! (ah)
Das Spiel Eintracht Braunschweig - Fortuna Düsseldorf in Zahlen:
3. Liga 2008/2009, 35. Spieltag, 10. Mai 2009, 14 Uhr
Stadion an der Hamburger Straße (Braunschweig): 14.500 Zuschauer
Schiedsrichter: Daniel Siebert (Berlin)
Tore:
1:0 Smail Morabit (1.)
1:1 Marco Christ (10. - Foulelfmeter)
1:2 Ranisav Jovanovic (12.)
2:2 Christian Lenze (49. - Foulelfmeter)
2:3 Andreas Lambertz (51.)
3:3 Christian Lenze (52.)
3:4 Claus Costa (54.)
4:4 Mirko Boland (62.)
4:5 Marco Christ (85. - Freistoß)
5:5 Fait-Florian Banser (90.)
Aufstellung Braunschweig:
Nico Lauenstein - Dennis Brinkmann, Jan Schanda, Deniz Dogan, Mirko Boland - Marc Pfitzner (65. Jan Washausen), Tim Danneberg (86. Fait-Florian Banser), Christian Lenze, Kosta Rodrigues - Smail Morabit - Kingsley Onuegbu (75. Marcel Schied).
Trainer: Torsten Lieberknecht
Aufstellung Düsseldorf:
Michael Melka - Kai Schwertfeger, Hamza Cakir, Robert Palikuca (46. Clement Halet), Fabian Hergesell - Andreas Lambertz , Claus Costa - Marco Christ, Sebastian Heidinger (79. Ahmet Cebe) - Ranisav Jovanovic, Axel Lawarée (69. Bekim Kastrati).
Trainer: Norbert Meier
Besondere Vorkommnisse:
Dogan verschießt Foulelfmeter (22.) - Melka hält.
Boland verschießt Foulelfmeter (42.) - Melka hält.