Mit Aggressivität überraschen

Uwe Weidemann vor dem Spiel gegen Union Berlin

Wie motiviert man eine Mannschaft, die seit einigen Spieltagen hinter ihrer (in dieser Saison bereits gezeigten) guten Spielform hinterher rennt und die weiterhin alle Chancen im Titelrennen hat? Keine einfache Aufgabe, die Uwe Weidemann, Chefcoach der Fortunen, unter der Woche und mit Blick auf das Gastspiel bei Union Berlin zu erfüllen hatte. Denn das Selbstbewusstsein schien bei der erneuten Heimpleite am vergangenen Wochenende gegen die Zweitvertretung von Hertha BSC Berlin vollkommen danieder zu liegen, weshalb die Mannschaft das Spielfeld nach Abpfiff kollektiv und ohne Gruß an die Fans verließ - mit Ausnahme von Andreas Lambertz.

Zu analysieren, woran das Spiel der Flingeraner derzeit scheitert, fällt nicht schwer. Abstimmungsprobleme in der Abwehr und mangelhafte Offensivqualitäten gepaart mit einer guten Portion Pech haben das Team um Kapitän Marcus Feinbier auf den Boden der Tatsachen zurückkehren lassen. Dies hat auch der Trainer erkannt, der weiß, dass sein Team momentan nicht gerade strotzt vor Selbstbewusstsein. Doch Jammern helfe nicht, meint Weidemann und forderte daher: "Die Ärmel hochkrempeln und den Gegner mit Aggressivität überraschen." Dies ist nicht gleichzusetzen mit hektischem Aktionismus, aber engagiertes und kampfbetontes Spiel, das wünscht sich der 43-Jährige schon. Dass dabei Fehler passieren, liege in der Natur der Sache, nur müsse man zusammen halten und jeder für den anderen kämpfen und eben die Fehler auszumerzen wissen. Denn dass die Rot-Weißen wie eine Wand auftreten werden an der "Alten Försterei" dürfte selbst den größten Optimisten nach den Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit zu glauben schwerfallen.
So weit die Theorie, denn auch den sportlich Verantwortlichen ist sehr wohl bewusst, dass gerade wenn es nicht so gut läuft, Spieler sich ihre eigenen und nicht selten zu viele Gedanken machen. Weidemann: "Es hilft aber doch auch nicht, wenn die Jungs mit gesenkten Köpfen rumlaufen." Daher achtete der 43-jährige Ex-Profi bewusst darauf, dass eine gewisse Lockerheit und Spaß am Fußball in den vergangenen Trainingseinheiten im Vordergrund standen. Das bedeutete keineswegs, dass der notwendige Ernst verloren ging, wie man beispielsweise bei den Schusstrainings der letzten Tage beobachten konnte. "Den Kopf frei kriegen" hisse die Devise, um der Erwartungshaltung der Fans, die natürlich immer ungeduldiger werden, gerecht zu werden. "Wir waren es doch selbst, die diese Erwartungshaltung aufgebaut haben." Daher sei letzter Einsatz die oberste Maxime in jedem der noch verbleibenden acht Spiele: "Wir erwarten keine Wunderdinge, aber jeder muss vom Platz runtergehen und sagen können: ‘Ich habe alles dafür getan, die drei wichtigen Punkte einzufahren.’"
Personell wird der oberste Übungsleiter einmal mehr auf einige Stammspieler verzichten müssen: Markus Anfang und Tim Kruse laborieren an Verletzungen, während Giuseppe Canale nach seiner 5. Gelben Karte zwangspausieren muss. Da Marcus Feinbier über latente Probleme am Zeh klagte, dürfte Weidemann über die Rückkehr von Claus Costa nicht unglücklich gewesen sein. IN der Bundeshauptstadt dürfte Weidemann auf ein Ein-Spitzen-System zurückgreifen - nicht zuletzt deshalb, weil sich in letzter Zeit keiner der etatmäßigen Stürmer übermäßig aufgedrängt hatte.
Nachdem die Mannschaft am Freitagmorgen die Landeshauptstadt verlassen hat, absolvierte sie am Nachmittag in Berlin ein leichtes Training.
Der unter der Woche eingeführte "Geschäftsführer Sport", Wolf Werner, hatte es auf den Punkt gebracht: "Man muss es wollen. Der Wille muss da sein. Wir brauchen das!" Wer am Samstag in der Wuhlheide vom rot-weißen Anhang dabei sein wird oder den Liveticker verfolgt, hat eben auch nur diesen Wunsch. Es wäre wieder einmal an der Zeit für ein Erfolgserlebnis - für die Spieler als auch die Fans gleichermaßen.