Zuordnung und Disziplin müssen stimmen in Berlin
Chefcoach Uwe Weidemann vor dem Auftaktspiel beim 1. FC Union
13. Immer wieder die 13. Keine andere Zahl schien in den letzten Tagen das Geschehen um die Fortuna derart zu beherrschen und war Aufhänger für weiter gehende Diskussion, ob es den Rot-Weißen wohl zum ersten Mal nach mehr als einem Jahrzehnt, genau gesagt 13 Jahren, gelingen würde mit 13 neuen Spielern, einen Sieg zum Auftakt einer Saison zu bewerkstelligen. Es war seinerzeit in Saarbrücken und man schrieb Freitag, den 19. August 1994, als die Flingeraner durch Tore von Richard Cyron und Ralf Voigt mit einem 2:1-Sieg die Rückfahrt ins Rheinland antraten. Platzt am Samstag in der "Alten Försterei" der Knoten und die Landeshauptstädter können die neue Spielzeit sogleich mit einem ersten Dreier beginnen?
Uwe Weidemann hatte in den vergangenen Tagen - zunächst - ganz andere Sorgen. Er musste zunächst einmal fünf Spielern erklären, dass sie die Reise in die ehemals sektorierte Stadt im Osten gar nicht antreten würden: Zuvorderst Bekim Kastrati, der nach seiner Verletzung, die er sich noch während seines Engagements in Braunschweig zugezogen hatte, weiterhin unter leichten muskulären Problemen leidet. "Auch die Bewegungsabläufe sind noch nicht wieder so gut entwickelt", so der oberste Übungsleiter, "da würde man ihm keinen Gefallen tun, wenn man ihn jetzt schon mitnimmt." Daneben traf es Ken Asaeda, Erdal Eraslan, Adrian Spier und Tomislav Zivic. Statt Berliner Luft werden sie - in enger Absprache mit Trainer Goran Vucic von der Reserve - das Klima Derendorfs testen, wo Fortuna II als Titelverteidiger beim DSC-Turnier antritt. Hier, so die Hoffnung Weidemanns, werden sich die Akteure ebenso einsatzfreudig und engagiert zeigen, wie dies die in die Reserve abgestellten Kräfte bereits in der letzten Spielzeit gemacht und somit ihren Teil auf dem Weg in die Oberliga beigetragen haben.
Die Entscheidung der zeitweiligen Ausmusterung sei ihm ausgesprochen schwer gefallen, denn "alle Spieler haben ausnahmslos im Training hervorragend mitgezogen und sich nach Kräften zu empfehlen versucht." Keiner von ihnen dürfe jetzt aufstecken, sondern möge weiterhin seine Chance suchen. Dies sagte Weidemann auch vor dem Hintergrund, dass er vor weiteren für die Betreffenden sicherlich nicht erfreulichen Maßnahmen steht. "Ich werde morgen vor dem Spiel um 13 Uhr im Stadion die Startelf bekannt geben." Dass die Mitteilung derart kurz vor Anpfiff erfolgt, erklärt sich von selbst: Jeder Spieler soll mit der größtmöglichen Spannung in die Partie gehen. Dass danach manch enttäuschtes Gesicht zu sehen sein wird, ist nachvollziehbar. Doch auch hier betont der Chefcoach, dass "dies aus taktischen Gründen geschehen mag, und die Situation im kommenden Spiel schon wieder ganz anders aussehen kann."
Weidemann weiß die für ihn momentan ungewohnte Situation, dass ihm etwa 18 bis 20 Spieler zur Verfügung stehen, die er adäquat einsetzen kann und womit die Fortuna auf fast jeder Position doppelt besetzt ist, sehr zu schätzen. "Die Vorbereitung ist letztlich gut gelaufen", wobei er besonders hervorhob, dass es in den letzten vier Spielen keine Niederlage und nur ein einziges Gegentor gab - gegen die Spitzenmannschaft von Galatasaray SK Istanbul. "Doch das alles zählt ab morgen nicht mehr. Morgen gilt der Kampf, gelten die Gesetze der Meisterschaft." Zaghaften Optimismus verbreitet der 44-Jährige dennoch, wenn er sagt: "Wenn die Jungs annähernd das rüberbringen, was sie bislang gezeigt haben, dann werden wir in Union etwas holen." Eine erste Standortbestimmung der neuen Mannschaft und ein Zeichen, ob die Integration der Neuzugänge erfolgreich war, ist dies mit Gewissheit.
Voraussetzung für einen positiven Ausgang werde Geduld und ein konzentriertes Spiel sein, "eine Abstimmung, wie sie gegen Kassel und Galatasaray zu sehen war." Denn die Berliner gelten als sehr heimstark - nicht zuletzt durch die lautstarke Unterstützung ihrer Fans. Dass man an der Wuhlheide alle Anstrengungen unternimmt, die Klasse zumindest zu halten, zeigten jüngst die Entlassungen, die in der Geschäftsstelle von Union vorgenommen wurden. Begründung: Weniger Geld für die Verwaltung, mehr Geld für die Mannschaft. Ob die Rechnung aufgeht wird sich noch zeigen müssen.
Immerhin weiß Fortuna um die Qualität des Gegners, den Uwe Weidemann im Vorfeld hatte beobachten lassen und der in dieser Partie einen sehr starken Eindruck hinterlassen hatte. Die angeblichen Probleme Unions, im Angriff Probleme zu haben, hält Weidemann im Übrigen "für die üblichen psychologischen Spielchen." Er geht davon aus, dass der Gastgeber in Bestbesetzung aufläuft.
Eine weitere, wichtige Entscheidung ist ebenso gefallen: Sein Debüt im Tor der Fortuna wird Michael Melka geben. Auch hier sei eine denkbar knappe Entscheidung gefallen, bei der der Ex-Gladbacher die Nase vorn vor Michael Ratajczak hatte. "Ich bin sehr froh, dass wir zwei sehr gute Torhüter verpflichtet haben. Ich hoffe, dass sich beide Keeper gegenseitig hochpushen und Bestleistungen zeigen." So wie noch vor wenigen Monaten Kenneth Kronholm und Pat Deuß. Doch das ist Geschichte, denn am Samstag soll schließlich ein neues Kapitel geschrieben werden - am liebsten eines mit Happy End aus Sicht der Fortunen.