„Ich war früher Stürmer – daher mag ich Tore“
Cheftrainer Uwe Rösler im großen Interview – Teil 2
Schon vor der aktuellen Ausnahmesituation durch den Coronavirus hat Uwe Rösler einiges bei der Fortuna erlebt – zahlreiche enge und spannende Spiele, in denen sich sein Team eine ordentliche Ausgangslage für den Kampf um den Klassenerhalt erarbeiten konnte. Im zweiten Teil seines großen Interviews spricht Rösler über seine ersten Wochen in Düsseldorf, seine Eindrücke von der Bundesliga und seinen Glauben an den Klassenerhalt.
Herr Rösler, Sie haben mehrfach betont, dass durch den Wechsel in die Bundesliga ein Traum für Sie in Erfüllung gegangen ist. Wie haben Sie Ihren Traum in den letzten Wochen erlebt?
Es ist natürlich sehr viel passiert. Ich bin von heute auf morgen bei der Fortuna gelandet – darauf konnte ich mich gar nicht richtig vorbereiten. Ich war aber positiv überrascht davon, wie die Mannschaft, der Staff, der Verein und die Fans reagiert haben. Wir haben früh ansprechende Leistungen gezeigt und uns aus meiner Sicht sportlich stabilisiert. Wir müssen aber noch daran arbeiten, Unentschieden in Siege umzuwandeln. In Mainz und gegen Hertha hatten wir eindeutig die Chancen, um zu gewinnen – genau wie gegen Frankfurt, als uns nur 15 Sekunden gefehlt haben. Generell lebe ich meinen Traum mit allen Höhen und Tiefen. Durch die Corona-Krise ist uns eine weitere Hürde in den Weg gestellt worden, die wir aber auch noch überspringen werden.
Waren Sie überrascht davon, wie schnell Ihre Mannschaft das umgesetzt hat, was Sie gefordert haben?
Zum Teil schon. Wie viele Sachen nach anderthalb gemeinsamen Trainingstagen schon im Spiel gegen Eintracht Frankfurt funktioniert haben – Hut ab! Das hat mich sehr gefreut. Andererseits bin ich der Meinung, dass wir einen sehr guten Kader mit guten Spielern haben, die neue Ideen schnell umsetzen können. Wir müssen trotzdem weiterarbeiten und auf unsere bisher gezeigten Leistungen noch zusätzliche zehn Prozent draufpacken, damit aus den Unentschieden Siege werden.
Haben Sie Erklärungen dafür, dass sich Ihre Mannschaft in manchen Spielen nicht mit Siegen belohnen konnte?
Wir waren Ende Januar Tabellenletzter und das ist man zu diesem Zeitpunkt in einer Saison nie ohne Grund. Wir hatten die wenigsten Tore geschossen und wollten dort ansetzen. Wir haben uns auch verbessert und mehr Tore pro Spiel erzielen können. Aber wenn man zum Beispiel in Mainz 19:3 Torschüsse vorweisen kann, ist klar, dass man in diesem Spiel drei Punkte verdient gehabt hätte. Daran erkennen wir, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Wir wollen uns in diesen Punkten täglich verbessern.
In jedem Pflichtspiel unter Ihrer Leitung hat Ihre Mannschaft mindestens ein Tor erzielt…
Ich war früher Stürmer – daher mag ich Tore. Du gewinnst nur Spiele, wenn du Tore schießt. Mein Ansatz war, dass wir das Spiel weiter nach vorne verlagern müssen. Wir müssen unsere Stürmer in den Strafraum kriegen. Deswegen wollten wir höher stehen. Das birgt auch ein Risiko, weil wir dadurch Räume hinter unserer Abwehrlinie freigeben. Aber es gibt den großen Vorteil, dass wir durch unser höheres Pressing kürzere Wege zum gegnerischen Tor und dadurch eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Chancen haben.
Seit Sie in Düsseldorf sind, hat die Fortuna zwei Plätze gutgemacht, vier Punkte Vorsprung auf Bremen und sechs Punkte Vorsprung auf Paderborn gewinnen können. Kann man sagen, dass Sie ein Etappenziel erreicht haben?
Die Tabellensituation interessiert mich im Moment noch nicht so sehr. Ich sehe es von Spiel zu Spiel: Vermutlich fangen wir mit dem Spiel gegen Paderborn an, wenn es wieder losgeht. Wenn wir diese Partie zuhause gewinnen können, wird es für Paderborn schwer, uns noch einzuholen. Dann geht es mit dem nächsten Spiel weiter. Speziell, wenn wir nun viele Spiele in kurzer Zeit hintereinander bekommen, müssen wir uns auf jede Partie einzeln konzentrieren und uns auf die Spiele gegen direkte Konkurrenten besonders vorbereiten.
Sie haben nun sechs Spieltage der Bundesliga erlebt. Welchen Eindruck macht die Liga auf Sie?
Die Atmosphäre in den Stadien ist einfach super. Es ist Fußball pur, die Schlachtgesänge dauern 90 Minuten an, viele Familien sind im Stadion. Da kann nicht einmal England mithalten, wo alles mittlerweile etwas teurer geworden ist. Zum Fußballerischen: Viele Trainer sind sehr mutig. Sie fordern ihre Spieler mit verschiedenen Systemen. Man weiß vorher nie genau, wie eine Mannschaft auftreten wird. Außerdem geben viele Vereine jungen Spielern eine Chance. Es gibt viel Tempo auf dem Platz, viel Energie und einen großen Fokus auf das Umschaltspiel. Generell macht mir die Arbeit in der Bundesliga unheimlich viel Spaß – nicht zuletzt, weil ich eine sehr willige Mannschaft habe und dazu einen Staff, der mich hervorragend unterstützt. Ich freue mich schon auf die nächsten neun Spiele, weil ich glaube, dass wir in diesen Partien noch viel erreichen können.
Zum Abschluss: Warum glauben Sie, dass die Fortuna gute Chancen auf den Klassenerhalt hat?
Weil wir ein homogenes Kollektiv an Spielern haben, die kameradschaftlich agieren und sich bewusst sind, für welchen Verein sie spielen, in welcher Tabellensituation wir uns befinden und was wir umsetzen müssen, um unser Ziel zu erreichen. Das sind Grundvoraussetzungen für den Klassenerhalt. Für uns geht es darum, in jedem Spiel unsere Top-Leistung abzurufen. Wir müssen immer im roten Bereich spielen, denn mit 90 oder 95 Prozent Leistung wird es für uns sehr schwer, in der Bundesliga zu gewinnen. Wir müssen immer ans Maximum gehen. Dass die Spieler und das Trainerteam diese Aufgabe so willig und aufopferungsvoll angehen, gibt mir ein gutes Gefühl für die letzten Spieltage.
Hier geht es zum ersten Teil des Interviews...