Die wichtigsten Aussagen der Mitgliederversammlung
Björn Borgerding und Thomas Röttgermann über die aktuelle Situation der Fortuna
Mehrere Stunden lang berichteten Fortunas Verantwortliche am Samstag über den Status Quo des Traditionsvereins aus Flingern. Auf der virtuellen Mitgliederversammlung 2020 stand neben den Berichten des Vorstands und des Aufsichtsrats unter anderem auch eine Generaldebatte auf der Tagesordnung, während der die Gremienvertreter zu vielen Themen Stellung bezogen.
Nicht nur die Vorsitzenden von Aufsichtsrat und Vorstand, Björn Borgerding und Thomas Röttgermann, hielten zu Beginn der Mitgliederversammlung Reden, auch die Vorstandsmitglieder Klaus Allofs, Uwe Klein und Christian Koke berichteten aus ihren jeweiligen Bereichen. Allofs, das neueste Mitglied des Vorstands, bedankte sich unter anderem für dem großen Vertrauensvorschuss der Fortuna-Mitglieder, den er als ehemaliger Spieler der Rot-Weißen seit seiner Bestellung genießt. Klein gab Einblicke in die aktuelle sportliche Situation, warb um Geduld mit der Mannschaft und erklärte die Transferpolitik der Flingeraner. Christian Koke gab unter anderem Einblicke in die Prozesse der Eigenvermarktung und bedankte sich für die große Solidarität der Fans und Mitglieder in diesem Jahr.
Was die beiden Vorsitzenden der Gremien Borgerding und Röttgermann zu verschiedenen Themen gesagt haben, lässt sich hier ausführlich und im Wortlaut nachlesen.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Björn Borgerding über…
…das abgelaufene Geschäftsjahr: „Es liegt ein turbulentes und schwieriges Jahr liegt hinter uns allen. Für die gesamte Gesellschaft, für unseren Club, aber auch für jeden einzelnen von uns war es ein Jahr voller Einschnitte und Herausforderungen. Wie für jeden von Euch, war es auch für uns als Aufsichtsrat kein einfaches Jahr.“
…seinen Start als Aufsichtsratsvorsitzender: „Als ich Anfang des Jahres den Aufsichtsvorsitz, mit meinem Stellvertreter Sebastian Fuchs, übernahm, standen wir auf Platz 18 der Tabelle. Hinzu kamen vereinsinterne und vor allem zwischenmenschliche Probleme und eine Situation, in der fast jede Entscheidung der Gremien schon vorher in der Zeitung nachzulesen war. Wir haben uns, unterstützt von unserem Gesamtgremium, direkt an die Arbeit gemacht. Wichtig war es, einen neuen Geist im und zwischen den Gremien zu erzeugen, Misstrauen abzubauen und aufeinander zuzugehen. Ich glaube, das ist uns wirklich gelungen. Meine Aufgabe als Aufsichtsratsvorsitzender war es, diesen Club und die Gremien mit ruhiger Hand zusammenzuhalten und unterschiedliche Strömungen und Ansichten zu moderieren. Ich habe dies nach bestem Wissen und Gewissen gemacht, auch wenn es nicht immer einfach war. Selten in meinem Leben habe ich solch ein intensives Jahr, mit so vielen Höhen und Tiefen erlebt.
…die ersten Aufgaben: „Der erste gemeinsame Erfolg war die wirtschaftliche Einigung mit Robert Schäfer, die wir schnell und einvernehmlich finden konnten. Diese Einigung war nicht nur völlig überfällig, sie war auch wirtschaftlich wichtig, da unsere Fortuna dadurch eine Menge Geld sparen konnte. Vor dem Heimspiel gegen Gladbach wurden wir plötzlich von Lutz Pfannenstiel gebeten, seinen Vertrag zum Ende der Saison aufzuheben. Die Anfeindungen, die er und seine Familie damals erlebt haben, hat niemand verdient und waren nicht zu tolerieren. Hier wurde eine rote Linie überschritten. Wir können handelnde Personen kritisch hinterfragen und unterschiedlicher Meinung sein, aber persönliche Diffamierungen, Lügen, oder Angriffe gegen die Familie gehen einfach zu weit. Das hat mit Fortuna Düsseldorf und unseren Werten nichts zu tun.
…die Bestellung von Uwe Klein: „Für uns als Aufsichtsrat war es die oberste Pflicht, einen guten, seriösen und sauberen Übergang zu einem geeigneten Nachfolger zu finden. Vor der Verpflichtung von Lutz Pfannenstiel hatten wir bereits einen ausführlichen Auswahlprozess geführt, bei dem auch Uwe Klein ganz oben mit dabei war. Für das gesamte Gremium war sehr schnell klar, dass Uwe, der über Jahre loyale und gute Arbeit für unsere Fortuna verrichtet hatte, diese Chance verdienen würde. Deshalb wurde Uwe bereits einige Tage später von uns zum Sportvorstand berufen, worüber wir sehr froh waren und es bis heute auch sind.“
…das Vereinsleben: „All diese Nebenkriegsschauplätze der letzten Jahre lähmen einen Verein. Ich möchte hier überhaupt nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen, denn daran haben wir alle unseren Anteil. Ich bin mehr als stolz, dass wir dieser riesige mitgliedergeführte Traditionsverein sind, zu dem ich zu 100% stehe. Trotzdem glaube ich, dass sich jeder einzelne mal hinterfragen sollte. Tut er alles, um diesen Club nach vorne zu bringen. Wenn diese Frage 27.500 Mitglieder mit Ja beantworten würden, gepaart mit unserer einzigartigen Tradition und Historie und allen Vorzügen unserer Heimatstadt, wo würden wir jetzt stehen? Ich glaube diese Frage kann jeder für sich beantworten.“
…die Entwicklung des Fußballs: „Wenn man etwas Positives aus der Corona-Pandemie ziehen möchte dann den Punkt, das durch die Krise noch mal ganz klar die Fehlentwicklungen des Fußballs offenen gelegt wurden. Ich bin sehr froh, dass unsere Fortuna diese schädlichen Entwicklungen des Fußballs kritisiert und hinterfragt und wir anfangen, unseren eigenen Weg zu gehen. Der Vorstand hat viele dieser Themen eben bereits in seinem Bericht aufgezeigt. Auf diesem Weg müssen unsere Fans und Mitglieder weiterhin der zentrale Bestandteil sein.
…den Umgang mit der Corona-Pandemie: „Für uns als Aufsichtsgremium war es wichtig, unseren Vorstand bestmöglich bei der Bewältigung dieser Krise zu unterstützen und ihm in dieser schwierigen Situation Rückendeckung zu geben, natürlich aber auch kritische Fragen zu stellen und den Finger in die Wunde zu legen. Das war nicht immer einfach und führte oft zu hitzigen und kontroversen Diskussionen. Wie wir eben schon in den verschiedenen Berichten gehört haben und das ist auch 100% meine Meinung, können wir stolz auf unser gemeinsames Krisenmanagement sein.
…die Eigenvermarktung: „Wir sprechen immer davon, mutig und selbstbewusst zu sein und unseren eigenen Fortuna-Weg zu gehen. Die Entscheidung zur Eigenvermarktung hat ganz klar gezeigt, dass wir bereit sind auch mal ins kalte Wasser zu springen und wirklich unseren eigenen Weg zu gehen. Für diese gute Entscheidung, und die ersten positiven Zahlen bestätigen das, möchte ich dem Vorstand ausdrücklich danken!
…die Bestellung von Klaus Allofs: „Ein ganz spezieller Moment, den ich bewusst noch mal hervorheben möchte, war sowohl für Sebastian und mich, als auch den ganzen Aufsichtsrat, die Verpflichtung von Klaus Allofs. Über Jahre hieß es, es sei unmöglich, Klaus zurückzuholen, er würde ja in einer anderen Liga spielen oder wäre nicht bezahlbar. Als ich Klaus dann diesen Sommer anrief, um ihn auf einen Kaffee zu mir ins Büro einzuladen, hätte ich nie für möglich gehalten, dass Klaus so schnell wieder Teil der Fortuna-Familie werden würde und heute hier bei uns sitzt. Auch die Art und Weise seiner Verpflichtung macht mich bis heute immer noch ein bisschen stolz.
…die Arbeit im Gremium: „Ich möchte meinem gesamten Gremium, vor allem aber meinem Stellvertreter Sebastian, mit dem ich im letzten Jahr unglaublich gut, intensiv und vertrauensvoll zusammengearbeitet habe, danken! Besonders bedanken möchte ich mich aber auch noch mal bei zwei Kollegen, die unser Gremium mit dem heutigen Tag verlassen. Lieber Reinhold, lieber Ignacio, vielen Dank für sechs intensive und überwiegend erfolgreiche Fortuna Jahre. Natürlich möchte ich auch unserem Vorstand danken, mit dem wir vertrauensvoll, loyal und gut zusammengearbeitet haben.
…Fortunas Zukunft: „Auch wenn noch viel Arbeit vor uns liegt und wir bestimmt noch den ein oder anderen Rückschlag verkraften müssen: Lasst uns gemeinsam für eine neue Fortuna kämpfen, die mutig und selbstbewusst ist und die sich durch nichts und niemanden treiben lässt. Lasst uns unseren 125. Geburtstag nach der Corona-Pandemie umso größer und bunter feiern und uns diesen ganz eigenen eingeschlagenen Fortuna-Weg weitergehen. Dafür brauchen wir jedoch eine offene und ehrliche Diskussion auf Augenhöhe und vor allem Kontinuität und Ruhe! Dafür muss sich jeder auch ein Stück weit zurücknehmen, denn niemand steht über dem Verein.
Der Vorstandsvorsitzende Thomas Röttgermann über…
…das sportliche Jahr 19/20: „Hinter uns liegt kein gutes Jahr! Wir sind aus der Bundesliga abgestiegen, mit 30 Punkten, als 17. der Tabelle. Wenn man so absteigt, wenn das die sportliche Bilanz ist, kann niemand sagen, dass er fehlerlos war oder dass es keine Fehleinschätzung gegeben habe. Nach der Saison haben wir – wie es sich gehört – eine gründliche und schonungslose Analyse gestartet. Und wir haben nichts ausgelassen – , nicht die Gremien, nicht uns selbst.“
…den Einfluss der Corona-Krise auf den Verein: „Corona beeinflusst unser Vereinsleben bis heute und hat dazu geführt, dass wir uns hier nicht persönlich treffen können. Ein Verein wie die Fortuna aber lebt vom gegenseitigen Austausch. Ein Verein wie die Fortuna lebt – anders als viele andere Proficlubs heutzutage – insbesondere durch seine Fans. Deshalb war es für uns ganz besonders bitter, dass 2020 das Jahr der Geisterspiele war. An den Anblick eines leeren Stadions werde ich mich nie gewöhnen. Fußball ohne Fans ist nicht das Spiel, das ich mag.“
…die Finanzen des abgelaufenen Geschäftsjahres: „Die Pandemie hat für die Fortuna spürbare Folgen gebracht. Das Ticketing, das Merchandising, die Fußballschule, das Sponsoring, Hospitality und auch die TV-Gelder. Wir haben umgehend ein umfassendes Cash-Management umgesetzt, um unsere Liquidität zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen. Das ist uns gelungen. Trotz der Einnahmeverluste in den skizzierten Bereichen haben wir im Geschäftsjahr 2019/20 einen Rekordumsatz in der Fortuna-Historie erzielen können. Der Umsatz belief sich auf 82,4 Millionen Euro. Somit haben wir ihn gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent% steigern können. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei all unseren Fans und Geschäftspartnern bedanken, die zu diesem Rekordumsatz beigetragen haben.”
…Solidarität: „Nahezu alle Sponsoren haben uns in dieser schweren Phase die Treue gehalten, selbst wenn wir aufgrund der Corona Pandemie unverschuldet nicht alle Leistungen wie vereinbart umsetzen konnten. Fans haben auf die Rückerstattung ihrer erworbenen Tickets verzichtet oder zusätzliche Fanartikel erworben, um den Verein zu unterstützen. Diese Solidarität ist einmalig und zeigt den Charakter dieses Vereins. Genau das macht die Fortuna aus. Für diese Solidarität möchte ich mich herzlich bei euch allen bedanken.“
…die Bilanz 19/20: „Wir sind in der abgelaufenen Saison 2019/20 bei einer sogenannten schwarzen Null gelandet. Mit Blick auf die Corona-Situation und dem zu verkraftenden Abstieg aus der ersten Bundesliga zeigt das Ergebnis, wie gut wir diese Situation haben managen können. Wie sich aus den Zahlen ergibt, haben wir aufgrund der Schwarzen Null und trotz der Rückstellungen unser Eigenkapital nicht antasten müssen - im Gegenteil. Was bleibt, sind die Bankverbindlichkeiten zur Finanzierung des Baus des Nachwuchsleistungszentrums.”
…den Ausblick der Finanzen: „Wir als Vorstand werden weiterhin kaufmännisch vorsichtig und flexibel agieren. Wir müssen damit rechnen, dass bei den Heimspielen Zuschauer nicht ohne Einschränkungen zugelassen werden. Auch hier werden unsere Maßnahmen, die wir für die jeweiligen Fälle entwickelt und mit dem Aufsichtsrat abgestimmt haben, greifen. Ich sage es ganz unmissverständlich: Fortuna Düsseldorf wird dabei in keinem dieser Szenarien in eine existenzielle Bedrohung kommen.”
…den Umweltbericht: „Nachhaltigkeit ist ein Thema, das rapide an Bedeutung gewinnt und großes Potenzial hat. Es freut mich besonders, dass dieses Thema bei uns „von der Basis“ kommt, nämlich von den Mitgliedern. Ihr könnt all unsere Initiativen und Fortschritte im Bericht nachlesen. Fortuna Düsseldorf wird als zweiter deutscher Fußballclub und als erster Zweitligist der UN-Initiative „Climate Change“ beitreten. Damit haben wir uns selbst verpflichtet, fünf5 Prinzipien einzuhalten.”
…Leitplanken der Fortuna: „Bereits im Sommer haben wir begonnen, gemeinsam mit dem Aufsichtsrat auf der Basis dieser Leitplanken und der Werte der Fortuna eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, die uns den Weg weisen soll, wie wir unsere Ziele erreichen können. Es ist wichtig, dass solche Leitlinien nicht nur in Festtagsreden genannt werden. Sie müssen mit Leben gefüllt und langfristig wie kontinuierlich verfolgt werden, um ihre Wirkung entfalten zu können.”
…die 50+1-Regel: „Wir haben in Corona-Zeiten gesehen, dass die 50+1-Regel von vielen Seiten stark unter Druck geraten ist. Viele Vereine sehen einen Investor als vermeintlich letzten Rettungsanker. Ich kann an dieser Stelle versichern, und das habe ich bereits mehrfach getan: Es wird freiwillig keine Ausgliederung des Spielbetriebes bei Fortuna Düsseldorf geben. Und darum bleibt der Verein, was er ist: ein Verein!“
…TV-Gelder: „Die einseitige Verteilung der TV-Gelder zementiert jedoch so seit Jahren die Kräfteverhältnisse innerhalb der Liga. Sie lässt die Schere zwischen den Vereinen sogar immer weiter auseinander gehen. Die Folgen dieses stetig steigenden Ungleichgewichts sehen wir jede Saison aufs Neue und sie werden immer größer. Es zeigt sich, dass sich die „Geldtabelle“ im Wesentlichen mit der sportlichen Tabelle deckt und es fast ausgeschlossen ist, Überraschungen zu landen – das war nicht immer so. Aber Vorsprünge sollten weitgehend einholbar bleiben. Die in der letzten Woche verkündete Verteilung der TV-Gelder hat – wie befürchtet – keinen Einstieg in den Umstieg geliefert. Es wurde ein historischer Moment verpasst, den Fußball wirklich solidarisch, zukunftsfähig, spannend und fan-nah aufzustellen. Man hat sich für ein „Weiter so“ entschieden und für eine weitere Stärkung der großen Vereine für die Champions League – und am Horizont: die Super Lleague. Das ist eine große Enttäuschung.”
…Klaus Allofs: „Ich kenne Klaus seit etlichen Jahren – wir haben schon in der Vergangenheit sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet. Direkt, nachdem ich in Düsseldorf als Vorstandsvorsitzender angefangen habe, habe ich bereits Kontakt zu Klaus Allofs aufgenommen und begonnen, beharrliche Überzeugungsarbeit zu leisten. Mir war von Anfang an klar, welche Bereicherung Klaus für die Fortuna wäre. Es hat mich riesig gefreut, dass ich damit wohl einen entscheidenden Beitrag leisten konnte, dass eine Vereinslegende wie Klaus Allofs wieder eine Funktion bei der Fortuna übernimmt. Als anerkannter Manager und Entscheider hat er seine Vereine und Mannschaften strukturiert und zu Titeln geführt.”
…die Fans: „Bei all dem, was wir tun, bei all dem, was uns in den letzten Monaten abverlangt wurde, sind wir immer von unseren Fans getragen worden. Sie konnten zu unseren Spielen nicht mehr sichtbar sein, was auch uns schmerzt. Aber sie waren trotz allem in vielerlei Hinsicht präsent. Sie haben sich in die wichtigen Diskussionen im Fußball zu Recht und sehr konstruktiv eingebracht; sie waren in der Stadt unterwegs und haben geholfen und unterstützt, immer da, wo der Schuh gedrückt hat. Wir alle, im Vorstand, im Aufsichtsrat, die Mannschaft und Mitarbeiter – wir alle haben die Solidarität der Fans gespürt und haben uns auch von ihnen mitgetragen gefühlt. Vielen Dank an unsere Fans. Bessere Zeiten werden kommen!”
…das Saisonziel: „Wir haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt. Nicht, weil sie leicht zu erreichen wären, sondern weil wir es der Fortuna schuldig sind, alles einzusetzen, um das Bestmögliche zu erreichen. Das muss unser Anspruch als bedeutendster Verein der Landeshauptstadt Düsseldorf – mit all den exzellenten Rahmenbedingungen – - sein.”