Die beiden Fans der Fortuna leben seit neuestem im Düsseldorfer Stadtteil Flingern. Thomas Lammers ist 61 Jahre alt und gebürtiger Düsseldorfer. Seit seiner Geburt leidet er an einem Grünen Star – mit 16 Jahren erblindete er vollständig. Das hielt ihn dennoch nicht davon ab, die Spiele der Fortuna zu besuchen. „Ich bin schon seit 50 Jahren Fan. Damals haben wir uns immer ins Rheinstadion geschlichen. Meine Tante hat im Schwimmbad nebenan gearbeitet. Sie hat uns an Heimspieltagen ein Tor zum Stadion aufgeschlossen, dann konnten mein Bruder und ich rein. Nach dem Spiel sind wir durch das Marathon-Tor verschwunden“, erzählt Lammers. 

Auf diese Art und Weise besuchte Lammers viele Spiele der Rot-Weißen, das einzige Problem: damals gab es noch keinen Audio-Stream, der ihm das Spielerlebnis erleichtern würde – trotzdem kam er immer wieder. „Die Atmosphäre im Stadion gegen Schalke oder Bayern habe ich natürlich auch so genossen. Es hat sich gelohnt, immer hingegangen zu sein. Selbst in der dritten und vierten Liga waren wir vor Ort, sonst waren aber leider nicht mehr so viele Leute da,“ resümiert er. Seine Frau begeisterte er schnell für die Fortuna und ab dann gingen die beiden gemeinsam ins Stadion. Sabine lernte er vor 30 Jahren kennen. Sie besuchte mit einer erblindeten Kollegin ein Schülertreffen der Blindenschule und traf dort ihren späteren Mann zum ersten Mal.

2011 änderte sich das Stadionerlebnis für Herrn Lammers schlagartig. Über den Blindenverein bekam er die Nachricht, dass die Fortuna einen Audio-Stream testen wolle. Zusammen mit seiner Frau meldete er sich als Testperson. „Es gab zwei Testläufe und wir fanden sofort, dass die beiden es gut gemacht haben. Sie beschreiben einfach realistisch. Wenn Fortuna mal nicht gut spielt, dann sagen sie es auch. Es ist ganz anders als ein Radio-Kommentator. Nach dem Audio-Stream kam dann sofort die Dauerkarte“, erinnert sich Lammers freudig. 

2017 änderte sich erneut vieles – dieses Mal allerdings zum Negativen. Sabine verletzte sich bei der Arbeit im Krankenhaus schwer und musste fortan im Rollstuhl sitzen. Da sie die Treppen im Stadion nicht mehr bewältigen konnte, entschieden sich die beiden schweren Herzens, ihre Dauerkarten abzugeben. Stefan Felix, Fortunas offiziellem Projektleiter für Inklusion, setze sich direkt mit dem Ehepaar in Verbindung. „Er hat uns sehr geholfen. Meine Frau bekam eine Rollstuhl-Dauerkarte und mir besorgte er eine von zehn Karten für Blindenplätze. Als eine neue Blinden-Dauerkarte frei geworden ist, hat er sich sofort bei mir gemeldet“, so Lammers. Ein Bekannter habe sie immer vor jedem Spiel in die Tiefgarage des Stadions gefahren. Von dort aus ging es mit dem Aufzug nach oben. Nach dem Spiel seien sie noch etwas trinken gegangen.

Während der Corona-Pandemie verfolgte das Ehepaar die F95-Spiele aus dem heimischen Wohnzimmer heraus. „Wir haben dann zuhause ein Bierchen oder einen Saft getrunken. Dazu hatten wir dann natürlich den Audio-Stream an”, berichtet Lammers. 

In zehn Jahren Blindenreportage sind Thomas Lammers zwei Spiele besonders in Erinnerung geblieben: beide aus der Bundesligasaison 2018/19. „Mir fällt da sofort der 2:1-Sieg gegen Borussia Dortmund ein! Die Fortuna stand nicht gut da und viele haben schon vom Abstieg gesprochen. Was die Mannschaft aber dann für ein Spiel hingelegt hat, war ganz stark. In der Rückrunde haben wir dann auch noch mit 3:1 gegen Borussia Mönchengladbach gewonnen. Da haben wir denen nach 15 Minuten schon drei Tore eingeschenkt. Das war so ein schöner Tag, das Wetter hat gepasst und dann lieferten die Jungs auch noch so ein Spiel“, schwärmt Lammers. 

In der kommenden Saison wollen die beiden wieder so oft wie möglich im Stadion sein. Das Erlebnis fehle ihnen einfach. Auch dann wird die Blindenreportage der Fortuna wieder ein Teil des Stadiontages sein, sowohl für Herrn Lammers als auch für viele andere blinde Fans der Rot-Weißen.