Das verflixte zweite Jahr - oder doch nicht?
Der Rückblick auf das zweite Halbjahr 2010
Die Fortuna blickt im zweiten Jahr nach der Rückkehr in den Profifußball auf eine emotionsvolle Hinserie zurück - die gegensätzlicher kaum hätte sein können. Nach einem missglückten Start mit sechs Niederlagen in Serie gelingt der Mannschaft von Norbert Meier ein sehenswerter Kraftakt, der mit 22 Punkten aus elf Spielen durch die Winterpause gestoppt wurde.
"Die Leistung der Mannschaft nach den sechs Auftaktniederlagen ist sicherlich höher einzuschätzen, als die komplette vergangene Saison", stufte Vize-Kapitän und Abwehrchef Jens Langeneke nach dem Hinrundenabschluss gegen Greuther Fürth (1:0) den Aufwärtstrend nach den Rückschlägen zu Beginn der Saison als wichtigen Schritt in der Weiterentwicklung der Mannschaft ein. Und richtete den Blick sogleich auf das Fußballjahr 2011. "Wir dürfen jetzt kein Prozent nachlassen. Wir fangen in der Rückrunde wieder gegen die gleichen Mannschaften an und müssen es diesmal einfach besser machen."
Dass den Rot-Weißen ein ungemütliches (verflixtes) zweites Jahr im deutschen Unterhaus erwarten würde, war nach der grandiosen Aufstiegssaison und den damit gestiegenen Erwartungen, sowie dem personellen Umbruch in der Sommerpause jedoch fast vorauszusehen. Fortuna wurde nicht umsonst im Sommer mehrfach zum Kreis der möglichen Aufstiegskandidaten gezählt. Dass Kapitän Andreas Lambertz und Co. jedoch zeitweilig einen derartigen Schiffbruch mit sieben Pflichtspielniederlagen in Serie erleiden würden, hatte wohl kaum jemand erwartet.
Zur Erinnerung: Das Unheil nahm für die Landeshauptstädter schon eine Woche vor Beginn der Saison 2010/11 seinen Lauf - in der ersten Hauptrunde im DFB-Pokal bei Zweitliga-Absteiger TuS Koblenz, als die Fortunen in einem mäßigen Spiel sieben Minuten vor Spielende durch einen Kopfballtreffer des Koblenzer Johannes Rahn den K.O. im diesjährigen Wettbewerb hinnehmen mussten. Zunächst vielfach als ärgerlicher Betriebsunfall bewertet, schloss sich dem Pokal-Aus bei strömenden Regen im Stadion Oberwerth eine selten zuvor gesehen Negativserie an.
Doch trotz der Rückschläge - ob zum Auftakt bei den heimstarken Cottbusern (0:2) oder bei den knappen Heimpleiten gegen Hertha BSC (1:2) und dem TSV 1860 München (1:2) - war die Meier-Elf mit den Gegnern stets auf Augenhöhe, sowohl in spielerischer als auch in kämpferischer Hinsicht. Durch individuelle Fehler in der Rückwärtsbewegung, Unaufmerksamkeiten bei Standardsituationen und fehlender Cleverness gerieten die Fortunen an den ersten sechs Spieltagen früher oder später auf die Verliererstraße. Einzige Ausnahme und gleichzeitig der negative Höhepunkt der Hinrunde war am fünften Spieltag beim Auswärtsspiel gegen den FC Ingolstadt erreicht. Nach einem leidenschaftslosen Auftritt und ohne erkennbar Gegenwehr zu leisten, musste man mit einer 0:3-Niederlage im Gepäck die Rückreise antreten. Im darauffolgenden Heimspiel gegen den VfL Bochum eine Woche später zeigten die Rot-Weißen mit dem Rücken zur Wand ihre bis dato beste Saisonleistung, und auch wenn es abermals nicht für Punkte reichte (1:2), honorierten die rot-weißen Anhänger den leidenschaftlichen Auftritt ihres Teams mit frenetischem Applaus nach Abpfiff.
Dass die Flingeraner ihren Charakter nicht verloren hatten, bewies der siebte Spieltag beim 3:2-Auswärtserfolg gegen den VfL Osnabrück. Durch einen frühen Doppelschlag von Patrick Zoundi und Jens Langeneke (3./11.) stellte die Meier-Elf die Weichen auf Sieg und verbuchte den lang ersehnten ersten Saisonsieg. Ein regelrechter Befreiungsschlag im Stadion an der Bremer Brücke, wo es in der Vergangenheit oftmals bittere Niederlagen für rot-weiße Teams gesetzt hatte.
Durch diesen hart umkämpften Sieg kehrten auch die Stärken, die verloren gegangen zu sein schienen, zurück. Die folgenden fünf Heimpartien wurden allesamt ohne Gegentor gewonnen, darunter die Duelle gegen Herbstmeister FC Augsburg (1:0), die beiden Lokalderbys gegen den MSV Duisburg (1:0) und Rot-Weiß Oberhausen (3:0), was bei vielen Zuschauern in der ESPRIT arena fortan Erinnerungen an die vergangene Saison weckte. Immerhin waren die Fortunen nicht weniger als 16 Monate in Stockum ungeschlagen. Anders als noch vor Jahresfrist wurden die größtenteils ansprechenden Auftritte in der Fremde beim Sieg in Bielefeld (2:0) und dem Remis in Aachen (0:0) zuletzt ebenfalls in Zählbares umgemünzt.
Seit vier Spielen ist die Truppe von Norbert Meier nun schon ungeschlagen und geht mit 22 Punkten auf Tabellenplatz elf in die Winterpause. Beim Blick auf das Tableau sind die Flingeraner auf einem guten Weg auch im verflixten zweiten Jahr die Klasse zu halten. Vor nicht einmal zwölf Wochen hätten dies sicherlich die Wenigsten im Umfeld des Vorjahresvierten für möglich gehalten.
Wer am 6. Spieltag Tabellenletzter war, landete seit 1980 am Ende auf Platz...
Interessant liest sich die Bilanz unter dem Aspekt, welcher Club am 6. Spieltag Letzter in der Tabelle war und wo die Mannschaft am Ende der Saison landete.
In 21 Spielzeiten waren die Träger der Roten Laterne nach einem halben Dutzend Begegnungen auch gleichzeitig spätere Absteiger. Für die größte Überraschung sorgte aber der 1. FC Nürnberg in der Saison 1997/1998, der aus der denkbar schlechtesten Lage im Frühjahr den Aufstieg feiern konnte. In drei Jahrzehnten vermochten achtmal Teams den Gang in die Drittklassigkeit abzuwenden, davon interessanterweise auch in den beiden vorangegangen Saisons. Es wäre also ein Novum, wenn nunmehr zum dritten Mal in Serie der Absteiger nicht der am 6. Spieltag Letztplatzierte wäre. Fortuna würde dabei statistisch in weiterer Hinsicht für einen Rekord sorgen: Außer der SG Wattenscheid 09 hatte sich bislang noch nie ein Verein gerettet, der nicht wenigstens einen Zähler am 6. Spieltag auf dem Konto hatte. Und bei dem Club von der Lohrheide ist dies inzwischen 27 Jahre her.