Vier Ringe für ein Hallelujah
Der FC Ingolstadt mobilisiert im Kampf um die Klasse alle Kräfte
Es klang schon beinahe wie der finale Abgesang auf den FC Ingolstadt 04, als der "kicker" in seiner Überschrift zur Nachlese des 12. Spieltages der laufenden Saison den "Möhlmann-Effekt verpuffen" sah. Der angesprochene Fußballlehrer hatte die kriselnde Mannschaft kurz zuvor auf Rang 17 vom glücklosen Michael Wiesinger übernommen - aufgrund einer 1:2-Pleite im Heimspiel gegen Paderborn rutschte der FCI zum Einstand von Benno Möhlmann gleich noch mal einen Platz tiefer. 4 Punkte aus 12 Partien, das las sich, zugegeben, wie die Bilanz eines designierten Absteigers. Ein womöglich verfrühtes Urteil jedoch, denn trotz Platz 17 glaubt man an der Donau mittlerweile doch wieder daran, auch in der kommenden Saison zweitklassig zu spielen.
Der "Möhlmann-Effekt" zündete nämlich doch noch, wenn auch mit Zeitverzögerung. Eine Woche nach dem vermeintlichen Tiefpunkt hoben die "Schanzerstädter" zum Befreiungsschlag an. Zunächst schlich der VfL Bochum - seitdem mit acht Siegen in Folge kometenhaft durchgestartet - vom FCI schwer mit 1:4 verprügelt aus dem eigenen Stadion, eine Woche später bezwang die Möhlmann-Elf im Audi-Sportpark auch Union Berlin. Das Vertrauen in die eigene Stärke kehrte langsam zurück. Nur noch zwei Niederlagen musste der neue Trainer seit seiner Auftaktpleite einstecken; mittlerweile hat der FCI eichhörnchengleich Punkt für Punkt angehäuft - und rangiert vorm Auswärtsspiel in der ESPRIT arena nur noch zwei Zähler hinter Platz 16. Den hat derzeit noch der SC Rot-Weiß Oberhausen inne, der Möhlmann & Co. nach passablem Saisonstart mittlerweile im freien Fall von oben entgegen taumelt.
Land in Sicht also für die Oberbayern, die Hoffnung schöpfen, ihren zweiten Zweitligaaufenthalt - 2008/2009 endete das erste Gastspiel mit dem sofortigen Wiederabstieg - doch noch um mindestens ein Jahr ausdehnen zu können. Weil das vorhandene Personal in der Hinrunde mit 19 eigenen Treffern nicht gerade durch Torgefahr aufgefallen war, durfte Möhlmann im Winter noch einmal mit dem Einkaufswagen losziehen und brachte dabei Markenware mit: Der brasilianische Angreifer Caiuby wechselte vom VfL Wolfsburg ebenso in den Audi-Sportpark wie US-Nationalspieler Edson Buddle. Während sich die mögliche Verpflichtung von Zvjezdan Misimovic indes als heiße Luft aus der Gerüchteküche erwies, warb man mit Artur Wichniarek doch noch einen großen Namen an. Der mittlerweile 33-jährige Pole erzielte in seinen Zweitligasaisons für Arminia Bielefeld 18 bzw. 20 Treffer - das liegt allerdings bereits zehn Jahre zurück. Während an Wichniareks Qualitäten dennoch grundsätzlich kein Zweifel besteht, laboriert "König Artur" derzeit noch an hartnäckigen Bandscheibenproblemen. Wird er fit, könnte er durchaus die entscheidende Verstärkung darstellen.
Der Klassenverbleib wäre dabei von enormer Wichtigkeit, um den Profifußball in der Eishockeymetropole Ingolstadt langfristig als Publikumsmagnet zu etablieren. In dieser Saison wollten im Schnitt lediglich knapp über 7.000 Zuschauer den FCI bei der Arbeit beobachten. Sicherlich ist dies auch dem Umstand geschuldet, dass das "04" im Vereinsnamen anders als bei Bayer Leverkusen oder dem FC Schalke nicht für 1904, sondern 2004 steht. Damals fusionierten die Fußballabteilungen des MTV und ESV Ingolstadt zum FCI und gewannen mit Audi den prominentesten Vertreter der Stadt als Unterstützer - auch der Automobilbauer dürfte gesteigertes Interesse daran haben, die vier Ringe auf der Brust weiterhin in der Zweiten Liga zu sehen.
Dass die Aufholjagd am Saisonende von Erfolg gekrönt wird, ist angesichts der zweifellos vorhandenen Qualität sehr wohl denkbar. Neben Torwart Sascha Kirschstein, Caiuby und Wichniarek können auch Marvin Matip, Malte Metzelder, Ex-Nationalspieler Andreas Görlitz oder Fabian Gerber Bundesligaerfahrung vorweisen. Der VfL Osnabrück und der Karlsruher SC liegen in Schlagdistanz, und Coach Benno Möhlmann ist zudem wie sein Assistent Sven Kmetsch in seiner Laufbahn noch nie abgestiegen - der FC Ingolstadt wird in den verbleibenden Saisonspielen alles tun, um die voreiligen Grabesredner Lügen zu strafen.