Favres Vergleich mit dem FC Barcelona
Mönchengladbach trauert Dante, Neustädter und Reus hinterher
Vom Fast-Absteiger zum Champions-League-Aspiranten in nur einem Jahr – dieses Kunststück ist Borussia Mönchengladbach gelungen. Der Traditionsverein vom Niederrhein stand im vergangenen Sommer noch sportlich mit dem Rücken zur Wand. So gerade eben rettete Trainer Lucien Favre sein Team auf den Relegationsplatz. Gegen den VfL Bochum gewann man im Hinspiel durch einen Last-Minute-Treffer von Igor De Camargo mit 1:0, wenige Tage später reichte im Ruhrgebiet ein 1:1 zum Klassenerhalt.
Schon diese Entwicklung unter Taktikfuchs Favre war besonders hoch einzustufen. Doch was er im Folgejahr aus seinem Team herausholte, war noch bemerkenswerter. Von Beginn an mischte die Borussia, die gleich am ersten Spieltag mit einem Sieg beim FC Bayern München Aufsehen erregte, ganz oben in der Tabelle mit. Doch zu Beginn der Spielzeit konnte niemand damit rechnen, dass man am Ende der Saison den vierten Rang belegen und damit zur Champions-League-Qualifikation berechtigt sein würde. Dass die Fohlen den Sprung in die europäische Königsklasse nicht schafften, lag wohl in erster Linie daran, dass das Gerüst des Vorjahres nicht mehr dauerhaft im Borussia-Park aufläuft. Mit Dante, Roman Neustädter und Marco Reus verließen gleich drei ganz wertvolle Spieler den Verein.
„Das waren für uns extrem wichtige Akteure“, betonte Chefcoach Favre. „Das ist ungefähr so, als wenn der FC Barcelona gleichzeitig Gerard Piqué, Andres Iniesta und Lionel Messi verlieren würde.“ Sicherlich will er das Trio, das Gladbach verlassen hat, nicht mit den drei Superstars vom spanischen Spitzenclub vergleichen, vielmehr soll der Stellenwert der drei Kicker hervorgehoben werden. Dante gehörte in der letzten Spielzeit zu den überragenden Innenverteidigern und hatte großen Anteil daran, dass die Borussia hinter dem FC Bayern die wenigsten Gegentreffer kassierte. Nur 24 Tore bejubelten die gegnerischen Teams gegen die Favre-Elf. Ausgerechnet zum deutschen Rekordmeister nach München wechselte Dante in diesem Sommer. Im defensiven Mittelfeld sorgten Havard Nordtveit und Roman Neustädter für Stabilität. Der 24-jährige Neustädter absolvierte in der vergangenen Saison 33 Begegnungen – alle von Beginn an. Kein Wunder, dass andere Vereine auf ihn aufmerksam wurden. So sicherte sich der FC Schalke 04 die Dienste des Sechsers. Noch schwerwiegender als die Abgänge von Dante und Neustädter ist der Verlust von Marco Reus, der erst kürzlich zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt wurde. Der Offensivakteur gehörte zu den absoluten Shootingstars und spielte auch bei der Europameisterschaft im Viertelfinale gegen Griechenland eine grandiose Partie.
Gladbachs Sportdirektor Max Eberl musste sich also auf die Suche nach adäquatem Ersatz machen. Nach einem neuen Innenverteidiger wurde er in Spanien fündig. Von Atlético Madrid wechselte Å lvaro Domínguez an den Niederrhein. Rund acht Millionen Euro blätterten die Borussen für den Abwehrspieler hin. Ungefähr die gleiche Summe wurde für Mittelfeldakteur Granit Xhaka (Foto) ausgegeben. Der 19-jährige Schweizer kam vom FC Basel und besticht vor allem durch einen exzellenten Schuss. Noch tiefer in die Tasche griffen die Schwarz-Weißen für den neuen Torjäger Luuk de Jong. Der Niederländer traf in der letzten Saison in der Eredivisie in 31 Einsätzen 25 Mal für seinen vorherigen Club FC Twente Enschede. Nach einem kurzen Gerangel zwischen beiden Vereinen überwiesen die Gladbacher rund zwölf Millionen Euro für den Angreifer. Der 21-Jährige hatte allerdings keinen guten Start im Trikot mit der Raute auf der Brust – im Hinspiel der Champions-League-Qualifikation besorgte er mit einem Eigentor den 1:3-Endstand gegen Dynamo Kiew. Neben den drei hochkarätigen Neuzugängen stießen auch noch die beiden jungen Stürmer Branimir Hrgota vom schwedischen Club Jönköping Södra und Peniel Mlapa von der TSG Hoffenheim zum Kader. Mlapa, der auch für die deutsche U21-Nationalmannschaft auf Torejagd geht, zog sich einen Außenbandriss im Sprunggelenk zu und fehlte den Großteil der Vorbereitung.
Favre steht nun vor der schweren Aufgabe, aus dem verbliebenen Stammpersonal und den hoffnungsvollen Neuverpflichtungen ein funktionierendes Gebilde zu bauen. Im DFB-Pokal beim Drittligisten Alemannia Aachen, bei dem die Ex-Fortunen Kai Schwertfeger und Sascha Rösler in der Startformation standen, hat dies schon gut funktioniert. Mit 2:0 setzten sich die Borussen auf dem Neuen Tivoli durch. Doch in der Bundesliga und auf der europäischen Bühne warten andere Kaliber, mit denen es sich zu messen gilt.