Ein lachendes und ein weinendes Auge
Es ist das altbekannte Dilemma, ob man sich freuen oder ärgern soll: Vor einem Auswärtsspiel der eigenen Mannschaft ist man zufrieden, wenn man „etwas Zählbares holt“. Führt die Mannschaft dann bis fünfzehn Minuten vor dem Abpfiff sogar mit zwei Toren, kann man sich nur schwer damit anfreunden, am Ende doch nur mit einem Punkt nach Hause zu fahren, auch wenn das erzielte Remis unter dem Strich ein so genanntes „gerechtes Ergebnis“ ist.
Der zentrale Begriff im „Old School“-Stadion Niederrhein rund um den Verein Rot-Weiß Oberhausen ist „Maloche“. In guter alter Tradition des Ruhrgebiets wird Fußball hier offiziell gearbeitet. Das traf auch gegen die Zwote zu, denn die Gastgeber konnten sich ihren Punkt nur durch mühsamen Einsatz verdienen. Die Flingeraner mussten bereits kurz nach dem Anpfiff einen Rückschlag hinnehmen, da sich der in den letzten Spielen gut aufgelegte Jules Schwadorf bereits im ersten Laufduell eine Muskelverletzung zuzog. Da Gerrit Wegkamp kurz vor der Abfahrt der Zwoten nach Oberhausen wegen des Ausfalls von Erste-Kapitän Andreas Lambertz kurzfristig nach Mainz nachreisen musste, wo die Erste ihr BL-Meisterschaftsspiel absolvierte, spielten diesmal Aliosman Aydin und Diego Rodriguez Diaz im Angriff. Die Zwote begann offensiv und ging nicht ganz überraschend auch früh in Führung. Alexander Nandzik holte auf der linken Seite einen Eckball heraus, André Fomitschow führte ihn aus und Leon Balogun verwandelte mit einem blitzsauberen Kopfball. Die Gastgeber, in deren Reihen mit Patrick Nettekoven, Ken Asaeda und Christoph Caspari gleich drei ehemalige Fortunen spielen, begannen eher verhalten aus der Abwehr heraus, hatten dann aber (31. und 36.) gleich zwei Großchancen durch Karoj Sindi und Ken Asaeda, die Zwote-Keeper Tim Boss durch zwei Blitzreaktionen jedoch vereitelte.
Dass die Oberhausener Arbeiter im zweiten Durchgang „eine Schippe“ würden zulegen müssen, wenn sie das Ergebnis noch drehen wollten, war klar. Und das taten sie auch, denn sie spielten jetzt druckvoller und setzen die Defensive der Zwoten gehörig unter Druck. Im Mittelpunkt der gesamten zweiten Halbzeit stand eindeutig Tim Boss, dessen Leistung nicht nur Ken Asaeda, der selbst zweimal an den grandiosen Paraden des Zwote-Keepers gescheitert war, nach dem Spiel als „sensationell“ bezeichnete. Seine Torwart-Gala begann in der 50. Minute, als er einen Kopfball von Jörn Nowak aus nächster Nähe noch über die Latte lenken konnte. Für rund fünfzehn Minuten brannte es im Strafraum der Zwoten, aber Tim Boss hielt seine Mannschaft im Spiel. Ein Entlastungsangriff der Fortunen führte dann überraschend trotzdem zum Ausbau ihrer Führung. Timm Golley wurde von Ralf Schneider im Strafraum gefoult, und André Fomitschow verwandelte den fälligen Strafstoß sicher zur 2:0-Führung. Nachdem den Gastgebern in der 75. Minute durch einen von Benjamin Weigelt aus dem rechten Halbfeld unhaltbar und direkt verwandelten Freistoß doch noch der Anschlusstreffer gelungen war, standen die Flingeraner bis zum Schlusspfiff unter Dauerdruck. In dieser Phase wackelte die Flingeraner Abwehr teilweise bedenklich und man merkte der jungen Mannschaft an, dass ihr in solchen Situationen ein erfahrener Spieler fehlt, der den Überblick behält und seine Mitspieler dirigiert. Dass die Zwote am Ende nicht doch noch mit leeren Händen dastand, hatte sie den vielen Glanzparaden ihres Keepers zu verdanken, der eindeutig zum Spieler des Tages avancierte. Gerade für ihn war daher der wohl traurigste Moment, als er sich nach der Abwehr einer Serie von Eckbällen und Schüssen doch noch einmal geschlagen geben und den Ausgleich durch Pascale Talarski aus spitzem Winkel hinnehmen musste. Kurz vor dem Abpfiff wurde Leon Balogun nach einer Abwehraktion in Höhe der Mittellinie, die nur optisch aber nicht faktisch eine Rote Karte suggerierte, denn er hatte eindeutig nur den Ball gespielt, vom Schiedsrichter frühzeitig in die Kabine geschickt.
RWO-Trainer Peter Kunkel, auf dem Namenschild als „Chef der Maloche“ bezeichnet, nach dem Spiel: „Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Die erste Halbzeit haben wir komplett verschlafen, aber spätestens nach dem Elfer nur noch auf ein Tor gespielt. Aufgrund unserer vielen Chancen hätten wir das Spiel schließlich gewinnen müssen. Ob der Torwart der Düsseldorfer in seinem Leben jemals wieder so halten wird wie heute, weiß ich nicht. Unser Punkt ist jedenfalls mehr als verdient.“
Zwote-Trainer Taskin Aksoy: „Wir haben ein interessantes Spiel gesehen. In der ersten Halbzeit haben wir wenig zugelassen, und nach dem 2:0 müssen wir das Spiel nach Hause bringen. Leider haben wir aber das Spielen eingestellt und fangen uns den Anschlusstreffer ein. Wir haben es allein unserem Torwart zu verdanken, dass der Ausgleich nicht viel früher fällt. Insgesamt muss man mit dem Spielverlauf zufrieden sein, aber natürlich ist man enttäuscht, wenn man eine solche Führung nicht über die Zeit bringt.“ (RR)
Spiele der Teams
Aufstellung:
Rot-Weiß Oberhausen
NettekovenTylerBorutzkiNowakHötteWeigelt (C)AsaedaSindiBauder (71. Talarski)SchneiderTerranova (62. Lekesiz)
Gelbe Karten
Terranova, Asaeda, TylerTrainer
Peter Kunkel
Fortuna Düsseldorf U23
BossEratHazaimehBalogunNandzikRami (C, 88. Fahrian)MüllerNyarkoSchwadorf (5. Rodriguez Diaz)FomitschowAydin (49. Golley)
Gelbe Karten
Aydin, Rami
Rote Karten
Balogun (90., grobes Foulspiel)Trainer
Taskin Aksoy
Stadion:
Zuschauer
1827
Schiedsrichter
Stefan Glasmacher (Alsdorf)