Hochspannung in Wattenscheid
Wieder einmal ein Fußballspiel für wahre Liebhaber dieses Sports. Nasskaltes, windiges Wetter mit einem Dunst aus sich im Flutlicht reflektierendem dichten Dauernieselregen und einem durchnässten, schweren Rasen, der sich im Verlauf von neunzig Minuten zu einem tiefen Acker verwandelt. Doch keiner der wetterfesten Supporter beider Mannschaften musste sein Kommen bereuen, denn geboten wurde ihnen ein hochspannendes, turbulentes Spiel, das mit großer Fairness und trotz dieser Verhältnisse auf einem erstaunlich hohen fußballerischen Niveau ausgetragen wurde.
Aufgrund einer Gelbsperre musste Christian Weber pausieren. Seine Aufgabe als Kapitän übernahm Tugrul Erat, der gemeinsam mit Nazim Sangaré im weiteren Verlauf zum besten Spieler einer insgesamt überragend aufspielenden Zwoten avancierte. Die beiden aus dem Profikader abgestellten Spieler Christian Gartner und Marcel Sobotka fanden sich gut in die Mannschaft ein, und auch der bisher selten eingesetzte Janik Roeber lieferte eine starke Leistung ab.
Die Flingeraner begannen selbstbewusst, strebten eine frühe Führung an und setzten diesen Plan erfolgreich um. Nach nur elf Minuten spielte Erat einen Steilpass auf Rafael Garcia. Dieser wollte frei vor dem Tor den SGW-Torhüter und ehemaligen Zwote-Spieler Edin Sancactar ausspielen, kam auf dem holprigen Boden aber ins Stolpern und traf nur das Außennetz. Noch in derselben Minute spielte Erat beim nächsten Angriff erneut einen Steilpass, diesmal aber auf Nazim Sangaré, der den Ball überlegt an Sancactar vorbei ins lange Eck zirkelte. Die Freude über die Führung währte aber nicht lange, denn die Gastgeber kamen nur vier Minuten später mit einem schnellen Konter zum Ausgleich. Der brandgefährliche SGW-Rechtsaußen Manuel Glowacz schlug eine präzise Flanke in den Strafraum, die Güngor Kaya mit einem unhaltbaren Aufsetzer verwandelte. Die Fortunen beeindruckte der Gegentreffer nicht wirklich, denn sie erhöhten durch konsequentes Pressing ständig den Druck und erspielten sich in der nächsten Viertelstunde eine ganze Serie von hundertprozentigen Torchancen. So passte Erat (25.) auf Sangaré, der erst an Sancactar scheiterte und den Nachschuss über das Tor setzte. Eine Minute später verzog Marvin Ajani knapp aus guter Position. Die Flingeraner setzten das gegnerische Tor nun unter Dauerbeschuss, doch beste Chancen wurden gleich reihenweise vergeben. Manchmal fehlte der Blick auf den besser postierten Mitspieler oder es war in letzter Sekunde noch ein Körperteil eines Abwehrspielers im Weg. Den Wattenscheidern, die mit ihren bisherigen Ergebnissen in der Liga sicherlich die Überraschungsmannschaft dieser Saison sind, gelang mitten in diesem Sturmlauf der Zwoten ein schneller Konter. Wieder war es Glowacz, der eine weite Flanke von rechts schlug, und wieder war es Kaya, der am langen Pfosten postiert kurz vor dem Halbzeitpfiff den Führungstreffer der Gastgeber erzielte. Statt mit einer an den Chancen gemessenen klaren Führung gingen die Fortunen, selbst zur großen Überraschung der heimischen Supporter, mit einem Rückstand in die Halbzeitpause.
Fünf Minuten nach dem Wiederanpfiff kamen die Fortunen mit einem eher kuriosen Treffer zum Ausgleich. Erat lupfte nach einem Sololauf den Ball über Sancactar hinweg, und der SGW-Spieler Mario Klinger konnte den Ball in der Luft erst hinter der Linie klären. Es dauerte allerdings eine kleine Weile, bis alle Anwesenden realisiert hatten, dass ein Tor gefallen war. Schon mit dem nächsten Angriff traf Erat erneut, doch sein Tor wurde wegen Abseits nicht gegeben. Wie bereits im ersten Durchgang spielten die Flingeraner nun eine bärenstarke Phase, zauberten ungeahnte Traumkombinationen auf dem mittlerweile stark ramponierten Rasen und ließen erneut beste Chancen liegen. Kemal Rüzgar (50.) hatte die wohl sicherste Chance, schoss aber aus kurzer Distanz den am Boden liegenden Sancactar an, statt den Ball ins Tor zu lupfen. Als eine weitere Duplizität zu den Ereignissen in der ersten Spielhälfte gelang den Gastgebern wieder mitten in der Drangphase der Fortunen die erneute Führung. Glowacz zog aus rund zwanzig Metern einfach ab und der Ball schlug in den linken oberen Torwinkel ein. Die Fortunen waren zwar die eindeutig bessere und dominante Mannschaft, aber die Wattenscheider waren mit drei Treffern aus zwei Chancen und einem Fernschuss ebenso eindeutig das effizientere Team. Ein bemerkenswerter Aspekt der Begegnung war, dass beide Mannschaften auf dem schweren Boden das Tempo bis in die Schlussminuten hoch hielten und keinen Ball verloren gaben. Es spricht auch für die gute Moral der Zwoten, dass sie trotz zweier Rückschläge den Kampf nie aufgab und sich einer im höchsten Maße unverdienten Niederlage nicht beugen wollte. Diese Einstellung machte sich schließlich bezahlt, denn in der Nachspielzeit gelang Erat nach einem Zuspiel von Rüzgar der erlösende Ausgleich. Es mag zwar widersprüchlich klingen, aber abgesehen von der mangelnden Torausbeute hat die Zwote auf einem kaum bespielbaren Rasen knapp vor einer Niederlage stehend eines ihrer besten Spiele dieser Saison geboten. Die Mannschaftsleistung sowie der Kampfgeist und Einsatzwille der Zwoten verdient höchsten Respekt. (RR)
SGW-Trainer Farat Toku: „Ich denke, wir haben ein wirklich turbulentes Spiel gesehen. Über einen Rückstand in der ersten Halbzeit hätten wir uns nicht beschweren dürfen, da Düsseldorf mehrere Chancen hatte. Die Führung haben wir aber natürlich gerne mitgenommen. Wir waren effektiv, und es ist ärgerlich, wenn man in der letzten Minute noch ein Tor kassiert. Wir nehmen aber auch diesen einen Punkt gerne mit.“
Spiele der Teams
Aufstellung:
SG Wattenscheid 09
SancaktarMeierBraunMohammad (78. Saka)Kaya (87. Tobor)GlowaczBuckmaierKacinogluKlinger (C)SchneiderTaskin (67. Mbona)
Gelbe Karten
GlowaczTrainer
Farat Toku
Fortuna Düsseldorf U23
WiesnerAjaniGoralskiBormuthRoeber (86. Hombach)SobottkaGartnerSangaréGarciaEratRüzgar
Gelbe Karten
EratTrainer
Taskin Aksoy
Stadion:
Lohrheidestadion
Zuschauer
375
Schiedsrichter
Philipp Hüwe