16.02.2021 | Verein

Zehn Jahre Blindenreportage!

Fortunas Blindenreporter feiern zehnjähriges Jubiläum

Seit mittlerweile zehn Jahren können sehbehinderte und blinde Fortunen die Heimspiele des Traditionsvereins aus Flingern mithilfe der Blindenreportage verfolgen. Mittlerweile ist die Reportage sogar live per Audiostream in der App verfügbar. Der Startschuss fiel am 9. Januar 2011 beim Stadtwerke Düsseldorf Wintercup.

2015 erhielten die Fortunen sogar einen Ehrenpreis von der SPD in der Kategorie "Gemeinwohl". Koordiniert werden die Einsätze von Fortunas offiziellem Projektleiter für Inklusion Stefan Felix. Felix hat das Projekt seit der ersten Stunde stets unterstützt, weiterentwickelt und entscheidend mitgeprägt. So ist es ihm gelungen, eine starke Konstanz und Qualität im Reporterteam zu etablierenwww.f95.de hat sich die Blindenreporter Andrej Myrokis, Uwe Mies, Frank Breuers, Philipp Dienberg, Robin Kleinschnitz und Fabian Wienhusen zum Gespräch geschnappt.


Was macht diese Arbeit so besonders für Euch?
Uwe: Ich bin vom ersten Tag an mit dabei. Der damalige Aufruf im Netz hat mich sofort fasziniert, als ich gelesen habe, dass es anscheinend einige Hardcore-Fortunen gibt, die trotz Sehbehinderung den Weg ins Stadion auf sich nehmen, um mit anderen Sinnen Stadionatmosphäre genießen zu können. Diesen Menschen zwei Stunden lang nahezubringen, was sie sonst nur mit den Augen wahrnehmen können, begeistert mich bis heute.
Frank: Da ich damals zunächst überhaupt nicht wusste, dass es so etwas wie eine Blindenreportage gibt, war ich umso begeisterter, als ich davon erfuhr, dass bei der Fortuna Blindenreporter gesucht werden. Es ist für mich bis heute eine Freude, andere Menschen, die eine starke Sehbeeinträchtigung oder sogar Blindheit haben, bei Heimspielen unserer Fortuna mitnehmen zu können, um so einen kleinen Beitrag zur Inklusion leisten zu können. Es ist mittlerweile ein fester Bestandteil meines Lebens geworden.

Was war in der Zeit als Blindenreporter Euer bisher schönstes Erlebnis?
Andrej: Etwas ganz Besonderes war 2017 der Besuch bei den Glasgow Rangers. Dort gibt es die Blindenreportage bereits seit Jahrzehnten und einen entsprechenden Erfahrungsschatz. Donald Whitelock und seine Kollegen vor Ort waren nicht nur unfassbar gastfreundlich, sondern haben mich mit einem Trick sogar ans Mikro gelockt, sodass ich dann letzten Endes eine Halbzeit der Rangers gegen Ross County mitkommentieren durfte.

Philipp: Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir mein erstes Spiel als Aushilfe im Team. Es war das 1:6 zuhause gegen Paderborn am 26. Oktober 2013. Wir sind trotzdem danach noch alle in die Altstadt gefahren – Reporter und ein paar unserer sehbehinderten und blinden Fans. Als wir dann in einer Brauerei über die Niederlage philosophiert haben, erreichten uns eigenartige Blicke der anderen Fans in der Brauerei inklusive der lieb gemeinten Nachfrage: „Wie kann es denn sein, dass Blinde genauso über das Spiel Bescheid wissen und sogar Chancen nacherzählen können?“ Da war mir klar: Wir haben unseren Job richtig gut gemacht.   

Es ist unser Wunsch, dass die Blindenreportage in Vereinen zur Selbstverständlichkeit und Standard wird, damit noch mehr sehbehinderte und blinde Menschen den Mut haben, ebenfalls den Weg ins Stadion zu finden.


Welche Situationen sind sehr anspruchsvoll oder schwierig zu vermitteln?
Robin: Wir versuchen natürlich immer, mit unserer Reportage so nah wie möglich am Spielgeschehen zu sein und jedem das Gefühl zu vermitteln, dass er durchgängig auf Ballhöhe ist. Wir sind da in der Regel noch tiefer im Detail als die Kollegen des Radios. Da kann jede Information, die wir liefern, Gold wert sein. Ob es der linke oder rechte Fuß ist, mit dem der Eckball in den Strafraum gebracht wird oder die Position der Spieler, die sich bei einer Standardsituation im und um den Strafraum befinden. Durch die detaillierte Beschreibung, die wir liefern, ist es natürlich sehr anspruchsvoll, wenn das Spiel durch viele Ballwechsel und kurze Pässe gekennzeichnet ist. Aber genau das ist es ja, was auch ein gutes Fußballspiel ausmacht. 
Fabian: Man zeichnet mit einem möglichst großen und nicht monotonen Wortschatz ein Bild des Spielfelds. Zum Beispiel wird bei einem Freistoß nicht nur die Torentfernung beschrieben, sondern auch, wie viele in der Mauer stehen und ob die Pfosten noch zusätzlich gedeckt sind. Schnelle Spielsituationen können da sehr herausfordernd sein. Ich erinnere mich an das Spiel gegen die Bayern in der letzten Saison. Da hatte man (leider) gar keine Ruhephasen. Das ist dann schon sehr anstrengend, vor allem, wenn nur der Gegner am Drücker ist.

Welche Ziele und Wünsche habt Ihr bis zum nächsten Jubiläum?
Fabian: Es wäre toll, wenn man abseits von Corona mal wieder die ein oder andere Aktion außerhalb des Stadions realisieren könnte. Beispielsweise wurde mal eine Fahrt zum Skispringen ins Sauerland unternommen, wofür Fortuna den Mannschaftsbus zur Verfügung stellte.  
Robin: Als Ziel steht natürlich immer eine erfolgreiche Reportage an erster Stelle, bei der nach dem Spiel der Zuhörer zufrieden nach Hause geht. Wenn ich mir was wünschen dürfte, wäre es, dass wir bis zum nächsten Jubiläum auch mal die ein oder andere Reportage eines Fortuna-Spiels auf europäischem Fußballparkett liefern können. Das dürfte doch jedem gefallen.
Philipp: Ein Wunsch wäre es, dass die Arbeit der Blindenreporter in ganz Deutschland noch mehr Beachtung findet und wertgeschätzt wird. Es ist eine Dienstleistung von – in unserem Fall – ehrenamtlichen Reportern, die viel Liebe, Fleiß und Zeit beansprucht und dennoch wenig anerkannt wird.
Frank: Mein Wunsch ist es, dass die Blindenreportage in Vereinen zur Selbstverständlichkeit und Standard wird, damit noch mehr sehbehinderte und blinde Menschen den Mut haben, ebenfalls den Weg ins Stadion zu finden, um Ihrem Herzensverein nahe zu sein, nämlich live.

Die Fortuna bedankt sich für zehn Jahre unermüdlichen Einsatz vor dem Mikro und freut sich auf zahlreiche weitere spannende Übertragungen! Mehr Informationen zu unseren Blindenreportern finden sich hier.

 

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